ICE-Werk: Ab sofort neun Standorte im Großraum unter der Lupe

29.4.2021, 19:21 Uhr
Für die tägliche Pflege und Wartung ihrer ICE-Züge will die Bahn ein neues Werk im Großraum Nürnberg errichten. Die zentrale Halle des Werks muss für mehrere Züge von bis zu 400 Metern Länge Platz bieten.

© Michael Matejka Für die tägliche Pflege und Wartung ihrer ICE-Züge will die Bahn ein neues Werk im Großraum Nürnberg errichten. Die zentrale Halle des Werks muss für mehrere Züge von bis zu 400 Metern Länge Platz bieten.

Rund um den Eingang zum Bahn-Museum in der Lessingstraße machten Mitglieder des Bund Naturschutz, des Bürgervereins Südost und der Initiative "Nein zum Werk" mit Transparenten klar, was sie von den bisherigen Plänen halten: nichts. Die ins Auge gefassten Dimensionen von rund 40 Hektar halten sie für überzogen, vehement kämpfen sie vor allem gegen drohende Eingriffe in den Reichswald.

Auf entschiedene Ablehnung stößt deshalb vor allem das von der Bahn ins Auge gefasste Gelände in Altenfurt, auf gut vier Kilometer Länge nördlich der Bahnstrecke nach Neumarkt. Dieser Standort bleibt weiter in der Diskussion, dazu Flächen entlang der Schnellstrecke nach Ingolstadt bei Allersberg, die ehemalige Muna in Feucht und das unmittelbar südlich angrenzende Areal (was dort auch schon heftige Reaktionen ausgelöst hat) sowie jetzt auch Gebiete bei Mimberg und Ezelsdorf (beide an der Bahnlinie nach Regensburg) und bei Raitersaich, Müncherlbach und Heilsbronn (alle drei an der Strecke nach Ansbach).

Im vergangenen Oktober hatte die Bahn ihre Absicht bekanntgegeben, ein Instandhaltungswerk für die tägliche Wartung und Reinigung ihrer ICE-Züge im Großraum Nürnberg anzusiedeln. Neun gibt es bereits, das jüngste war in Köln-Nippes auf einem ehemaligen Güterbahnhofs-Gelände entstanden. Das Nürnberger soll das zehnte werden und möglichst 2028 in Betrieb gehen. Die Bahn sei schon deshalb darauf angewiesen, weil sie ihre ICE-Flotte weiter ausbauen will, vor allem mit dem neuesten Typ ICE-4, versichert der Konzernbeauftragte für Bayern, Dieter Josel. Schließlich soll insgesamt mehr Verkehr auf die Schiene gebracht werden.

450 neue Arbeitsplätze

Das Werk soll für rund 400 Millionen Euro entstehen, komplett CO2-neutral betrieben werden und 450 Arbeitsplätze bieten. Neben einer parallel zu einer vorhandenen Strecke verlaufenden Variante von rund 4,5 Kilometern Länge und 300 Meter Breite sei auch eine quer dazu angelegte Lösung mit einer Wendeschleife denkbar, erläutert Projektleiter Carsten Burmeister. Sie sei mit 3,2 Kilometern deutlich kürzer, aber mit 450 Metern entsprechend breiter. Kernstücke mit entsprechend großen Hallen sind jeweils eine Zone für die Innen- und Außenreinigung und ein technischer Bereich für Instandhaltung und Reparaturen, etwa an den Radsätzen. Dazu kommen Warte- und Abstellpositionen.

Zu einem von den Bündnisgrünen beim Nürnberger Büro Quadra Ingenieure in Auftrag gegebenen Alternativkonzept, das mit nur knapp halb soviel Platz auskommen soll, will sich die Bahn in etwa zwei Wochen äußern. "Wir sehen uns das wirklich gründlich an", beteuert Burmeister.

Freilich müsse das Werk umfangreichen, gerade auch betrieblichen Anforderungen genügen. Schon deshalb wurden inzwischen drei ursprünglich mit angedachte Standorte bei Baiersdorf, bei Burgfarrnbach und am Rangierbahnhof aufgegeben. Die jeweiligen Zufahrten dorthin sind bereits so beansprucht, dass nicht auch täglich zwei Dutzend ICE-Züge in das Werk und wieder zurück geschleust werden können.

"Harte" Ausschlusskriterien

In der Vorauswahl waren rund ein Dutzend weitere Kriterien ausschlaggebend: So darf das Gelände zum Beispiel höchstens 25 Kilometer vom Nürnberger Hauptbahnhof entfernt sein und "nicht im Bereich einer markanten Siedlung" liegen. Für die weitere Bewertung und zur Erstellung einer Rangfolge kommen darüber hinaus mehr als 30 Kriterien ins Spiel, von Umweltfaktoren wie Boden-, Arten- und Lärmschutz bis zu Eigentumsfragen. Bis November soll Klarheit herrschen, mit welchen Varianten die Bahn in das anstehende Raumordnungsverfahren geht - auf jeden Fall nicht nur mit einer einzigen, verspricht Josel.

"Jetzt passiert genau das, was in den Stadtteilen Altenfurt und Fischbach gefordert wird", zeigt sich Oberbürgermeister Marcus König erleichert, "die möglichen Standorte werden genau betrachtet, wie stark dort ein Werk in die Natur eingreifen würde und welche Auswirkungen es auf Mensch und Natur hat". Er sei sich sicher, dass eine praktikable Lösung für die Metropolregion gefunden werde. Er rufe auch alle Anwohnerinnen und Anwohner von Fischbach und Altenfurt auf, sich an den anstehenden Dialogen mit der Bahn konstruktiv zu beteiligen und Bedenken vorzubringen.

Lobend meldet sich auch der Nürnberger Bundestagsabgeordnete Michael Frieser (CSU) zu Wort: "Nach einem holprigen Start im vergangenen Jahr erfüllt die Bahn jetzt ihr Versprechen, die Öffentlichkeit vollumfänglich über das offene Verfahren zur Standortsuche zu informieren." Neben Allersberg und Altenfurt sei vor allem auch die Muna bei Feucht weiterhin im Rennen, wobei hier gleich zwei Areale in Frage kommen. "Ich begrüße ausdrücklich, dass zudem fünf neue Optionen im weiteren Umkreis Nürnbergs dazugekommen sind, die die betrieblichen Grundvoraussetzungen für die bekannten Grundlayout-Optionen erfüllen."

"Auf Kritik reagiert"

Die Bahn beweise, dass sie - im Gegensatz zu anderen Planungsträgern (gemeint ist der Stromnetzbetreiber Tennet, d.Red.) - in der Lage und willens ist, auf Kritik von außen zu reagieren. Er bleibe überzeugt, so Frieser, "dass die Räumung der Muna zusammen mit dem Bund und mit konkreten Plänen für die Anschlussnutzung eine einmalige Chance ist, die wir nicht verstreichen lassen dürfen!"

Zur Information und Kontaktaufnahme hat die Bahn die Internetseite www.ice-werk-nuernberg.de eingerichtet. Dort sollen sich interessierte Bürgerinnen und Bürger ab 18. Mai auch für (voraussichtlich digitale) Veranstaltungstermine zum Austausch mit Planern und Gutachtern anmelden können.

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