Im Bergdorf Egloffstein ist eine italienische Piazza geplant
7.2.2021, 15:45 UhrFür einen kurzen Moment müssen Sie für dieses Gedankenexperiment die Augen schließen. Die warme Luft eines lauen Sommerabends streift die Haut, letzte Sonnenstrahlen bahnen sich den Weg durch das Blätterdach des knorrigen Baumes, unter dem es sich bei einem wohl temperierten Glas Weißwein sitzen lässt. Von den Nachbartischen drängt ansteckendes Gelächter herüber. Aus einer der engen Gassen und hoch aufragenden Gebäuden mischen sich Takte italienischer Straßenmusik. Ein Traum. Der noch keine Wirklichkeit ist.
Die Realität sieht anders aus. Gleich mehrere städtebauliche Missstände prägen die Umgebung. So sagt es die Gemeinde selbst. Die Diagnose hat sie gemeinsam mit den Bürgern erstellt, die sich im Rahmen des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes (Isek) zusammengetan haben. In diesem haben sie einen Behandlungsplan festgelegt: Unter allen Dingen, die in Egloffstein schöner und besser werden sollen, ist der Marktplatz als Herz der Gemeinde als erstes an der Reihe.
„Der malerische Luftkurort Egloffstein in der Fränkischen Schweiz hat seine besten Jahre hinter sich.“
Handlungsbedarf besteht. Heißt es im Isek-Konzeptpapier. Der erste Satz in dem 74-seitigen Manuskript: „Der malerische Luftkurort Egloffstein in der Fränkischen Schweiz hat seine besten Jahre hinter sich.“ Doch dass die besten Jahre noch vor dem Ort liegen, betont das Papier auch. Doch dafür ist ein Neustart nötig.
Zusammen mit Bürgern hat sich die Gemeinde deshalb Gedanken gemacht, wie der Marktplatz schöner werden, zum Verweilen einladen kann. Dafür erhält das alte Rathaus ein neues Leben. Im Erdgeschoss könnte die Tourist-Info eine neue Heimat und Besucher des Ortes könnten Informationen finden, auch ein Direktvermarkter sei denkbar, sagt Bürgermeister Stefan Förtsch. Eine Brennerei oder ein Obstbauer könnte seine Produkte anbieten, im Wechsel könnten im Erdgeschoss Ausstellungen stattfinden oder Handwerker ihr Können präsentieren. Korbflechter zum Beispiel, sagt Förtsch.
Kein Grund, in den Ort zu gehen
Das übergeordnete Ziel hinter dieser geförderten Städtebaumaßnahme: Den Menschen einen Grund zu geben, sich in der Ortsmitte aufzuhalten. Von der Talstraße aus gibt es viele versteckte Wege, die zum Marktplatz führen. Förtsch betrachtet den Status Quo nüchtern, oder wie er sagt „realistisch“: „Aber was machen Sie dort? Außer zur Bank, Apotheke oder Arzt zu gehen, gibt es sonst keinen Grund, sich dort aufzuhalten.“
NN-Umfrage: "Die Touristen sind von Egloffstein begeistert"
Für den Umbau des Rathauses läuft ein Architektenwettbewerb. Im März bewertet die Gemeinde die eingereichten Vorschläge und will im Sommer die Arbeiten vergeben. Der Umbau konzentriere sich auf den Hauptbaukörper. Die rückwärtig angebauten Gebäudeteile könnten abgerissen werden, um Platz für Parkplätze zu schaffen.
Das würde die Situation im beengten Ortskern wohl auch entspannen. Petra Dennerlein von Inge’s Lädchen hofft darauf. „Wir müssen uns hierzu an einen gemeinsamen Tisch setzen“, sagt sie. Es ist nicht so, dass es keine nahegelegenen Parkplätze gäbe. In der Markgrafenstraße, knapp 100 Meter vom Marktplatz entfernt, darf zwei Stunden geparkt werden. Doch selten werde das auch wirklich kontrolliert. Die Folge: Dauerparker machen es sich dort gemütlich, für Gäste und Kunden fehlt Parkplatz. Und dass vielen 100 Meter vom Parkplatz bis zum Marktplatz zu weit sind, ist ein Phänomen, das Dennerlein wie auch Bürgermeister Förtsch kennen.
12.000 Euro Schäden
Wobei nicht nur das Parken kritisch gesehen wird. Der Marktplatz ist mehr Straßenkreuzung als Platz, stellt auch Förtsch fest. Die Staatsstraße 2242 führt mitten durch das Herz des Ortes. Da liegt das Verkehrsproblem begraben. Der überörtliche Schwerlastverkehr zwingt sich durch enge und steile Stellen. Das sorgt regelmäßig für Aufsehen, sagt Petra Dennerlein. Der Verkehr kommt dann zum Erliegen. Autofahrer auf der einen und der Lkw auf der anderen Seite müssen rangieren, damit ein Durchkommen überhaupt möglich ist. An den engsten Stellen hat es ein Lkw ganz alleine schon schwer. Fahrer bleiben mit ihrem Laster hin und wieder an einer Dachrinne oder an Blumenkästen hängen.
Die Schäden an den privaten Anwesen summierten sich in einem Jahr auf fast 12.000 Euro. Berechnet haben das die Egloffsteiner Christiane Hofmann-Richter und Henry Haase. Seit Jahren setzen sie sich dafür ein, den Schwerlastverkehr aus dem Inneren des Luftkurortes zu verbannen