Auf Tuchfühlung mit Malern und Bildhauern
23.05.2011, 00:00 Uhr
Wie schaut es also aus am Arbeitsplatz von Malern, Grafikern und Bildhauern? Sind die BBK-Leute allesamt Exoten, die in malerischer Unordnung herumsitzen, Rotwein trinken und auf den Kuss der Muse warten? Weit gefehlt! Die heimischen Künstlerinnen und Künstler entpuppen sich bei näherer Betrachtung als erstaunlich gut organisierte, planvoll und konzentriert arbeitende Menschen, deren tägliche Sorgen und Pflichten sich von denen ihrer „bürgerlichen“ Nachbarn nur wenig unterscheiden.
Dementsprechend ging es bei diversen Gesprächen in den offenen Ateliers nicht nur um Fragen der Ästhetik und der verschiedenen künstlerischen Techniken, sondern ebenso um die von keinem Tarifvertrag geregelten Arbeitszeiten der Kunstschaffenden, um ihre nur allzu berechenbaren Betriebskosten und ihre meist eher unsicheren Einnahmen. Dabei zeigte sich, dass kaum ein Künstler ohne einen mehr oder minder gewichtigen Nebenjob auskommen kann.
So nutzte zum Beispiel der Maler Ekkehard Bolkart den Publikumsverkehr in seiner absolut perfekt aufgeräumten Gostenhofer Werkstatt auch, um auf seine Fähigkeiten als Möbel-Restaurator hinzuweisen. Und der Satz Profi-Kochtöpfe, der im Atelier von Bolkarts Maler-Kollegin Charlotte von Elm auffiel, war keineswegs exzentrische Dekoration, sondern die Grundausstattung für den Catering-Service, den die Künstlerin seit Jahr und Tag anbietet.
Weithin hörbares rhythmisches Hämmern diente als Wegweiser zum Atelier der Bildhauerin Claudia Endres. Die Künstlerin hatte einige ihrer derzeitigen Schüler animiert, die entspannte Atmosphäre in den von ihr geleiteten Kreativkursen zu demonstrieren. Die private Weitergabe gestalterischer Grundkenntnisse ist für Endres eine der schönsten und befriedigendsten Möglichkeiten, sich ein „Zubrot“ zu verdienen.
„Die Zeiten, in denen Künstlerinnen und Künstler nur hinter vorgehaltener Hand von einer so profanen Sache wie Geld gesprochen haben, sind glücklicherweise vorbei“, meint die Grafikerin Tania Engelke, die gemeinsam mit ihrem Partner und Kollegen Kurt Neubauer seit 1996 eine mittlerweile sehr renommierte Werbeagentur in Schoppershof betreibt.
Stätten zwangloser Begegnung
Beider Atelier präsentierte sich am Wochenende als Stätte zwangloser Begegnung. Für die Besucher gab es selbst gebackenen Kuchen, Konfekt in der Gestalt riesiger Augäpfel und Espresso aus Tassen, deren Blüten-Design von Engelke entworfen wurde. Auf Verlangen ergänzte Kurt Neubauer die von ihm illustrierten Bücher mit spontanen Handzeichnungen auf dem Vorsatz-Papier.
Beim Maler und Grafiker Heinz Thurn in der Südstadt hat sich die samstägliche Atelieröffnung nach und nach zu einem improvisierten Fest ausgewachsen. Jeder Gast war eingeladen, sich völlig ungeniert in allen Ar-beitsräumen umzusehen, und Thurns stets reichliche Vorräte an Ess- und Trinkbarem zu plündern. Von irgendwo her wurden immer neue Tische und Bänke herangeschleppt und im Hinterhof aufgestellt. Der hünenhafte Hausherr beobachtete, sicher hinter seinem soliden Arbeitstisch verschanzt, ungerührt das ständig wachsende Durcheinander. „Künstler-Sein ist Nervensache“, bemerkte er lakonisch.
Ausstellender Gast bei Heinz Thurn war übrigens eine BBK-Aktivistin, in deren Alltag der eingangs erwähnte Rotwein tatsächlich eine gewisse Rolle spielt. Die Textilkünstlerin Susanne Schötterl schätzt den roten Rebensaft allerdings nicht so sehr als Getränk, sondern als eine „garantiert reinigungsresistente“ Substanz zum Einfärben von Leinwand. Weitgehend zufällig entstandene Rotweinflecken werden von ihr mittels Stickerei figürlich „ausgedeutet“. Merke: Kunst-Machen macht auch Freude!