Bilanz der Ära von Chefdirigent Prick
3.7.2011, 15:51 UhrAber ob Pricks Entscheidung, deshalb in seiner ersten Nürnberger Saison auf die Ausübung seiner Chefdirigenten-Funktion zu verzichten, klug war, sei dahingestellt. Hatte Prick doch zuvor bereits mit der Ablehnung des Titels „Generalmusikdirektor“ und der – eigenmächtigen – Interpretation seiner Rolle als „Chefdirigent“ zumindest symbolisch auf einen Teil der Gestaltungsmöglichkeiten, die dieses Amt bietet, verzichtet.
Als Führungskraft mit dreifacher Staatstheater-Erfahrung (Saarbrücken, Karlsruhe, Hannover) liegen Pricks Verdienste vorwiegend auf dem Gebiet der Konsolidierung des Konzert- und Orchesterbetriebs. Das ist eine nicht gering zu schätzende Leistung, angesichts der Tatsache, dass GMD Auguin und sein Chef Konold während des turbulenten Aufbruchs im frisch zum Staatstheater ernannten Haus am Richard-Wagner-Platz am Ende gar nicht mehr miteinander ausgekommen waren.
Prick machte die Philharmoniker in Nürnberg wieder zur zuverlässigen Größe für die Pflege des großen romantischen und spätromantischen Repertoires (Schubert, Brahms, Weber, Wagner, Bruckner, Mahler, Strauss) einschließlich der „Klassiker“ (Haydn, Mozart, Beethoven).
Der Freitag wurde zum Philharmonikertag
In puncto Moderne und zeitgenössische Musik erlahmte sein Innovationswille jedoch rasch. Er ging nicht hinaus über Komponisten wie Korngold, Blacher, Schreker und Schönberg – dessen „Gurre-Lieder“ im Januar 2006 als Orchester-Kooperation von Philharmonikern und Symphonikern leider ein einmaliger Kraftakt blieben.
Tourneen nach Österreich oder zum Schloss Neuschwanstein festigten die Wahrnehmung der Philharmoniker als Konzertorchester. In der Stadt selbst etablierte Prick den Freitag als festen Spieltag der Philharmonischen Konzerte in der Meistersingerhalle; die Aufstockung des Orchesters um einige Musikerstellen erweiterte dessen Leistungsrahmen. Im Graben des Opernhauses, immer noch der „Hauptdienstort“ der Philharmoniker, hinterließ Prick den besten dirigentischen Eindruck bei den von ihm als seine „Säulenheiligen“ bezeichneten Komponisten Mozart, Wagner und Strauss.
Dass Prick nur zweimal – und erst spät ab dem Jahr 2009 – die Chance nutzte, beim Klassik Open Air im Luitpoldhain vor großer Kulisse den Flirt mit dem Publikum zu wagen, war leider symptomatisch für seine Nürnberger Zeit: Anders als der Charismatiker Auguin, der sogar hin und wieder Konzerteinführungen selber hielt, fiel es ihm schwer, einen unverstellten emotionalen Kontakt zum Publikum aufzubauen.
Dass der 64-Jährige nun, wenn er die Stadt verlässt, mit Staatsintendant Peter Theiler in puncto Opernspielplan und Sängerbesetzung kaum mehr Gemeinsamkeiten teilt, ist leider inzwischen schon schlechte Nürnberger Tradition.
Ob Christian Thielemann, Eberhard Kloke oder Philippe Auguin: Auch seine Vorgänger schieden – unter jeweils eigenen Umständen – im Unfrieden aus dem Amt des Nürnberger Generalmusikdirektors.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen