Comic-Salon: Umzug kommt beim Publikum hervorragend an

2.6.2018, 11:42 Uhr
Weil die Heinrich-Lades-Halle wegen Renovierungsarbeiten in diesem Jahr nicht für den Comic-Salon zur Verfügung steht, wichen die Veranstalter auf Zelte rund um den Schlossplatz und den Schlossgarten aus.

© Foto: Anja Hinterberger Weil die Heinrich-Lades-Halle wegen Renovierungsarbeiten in diesem Jahr nicht für den Comic-Salon zur Verfügung steht, wichen die Veranstalter auf Zelte rund um den Schlossplatz und den Schlossgarten aus.

Es knallt. Zweimal. Und das freut die Besucher. Denn der Berliner Zeichner Flix präsentiert bei seiner Ausstellung zum Internationalen Comic-Salon in Erlangen erste Seiten seiner Arbeiten zum neuen Band von Spirou. Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass ein deutscher Zeichner sich der frankobelgischen Kultfigur annehmen darf. Und so fliegt Spirou auf den Skizzen an den Wänden des Redoutensaals in seinem Auto durch die Luft. Dann der zweite Knall: Am Donnerstagabend sorgte ein Sommergewitter dafür, dass zahlreiche Besucher in die Zelthallen flüchteten - in denen es sowieso schon sehr voll war.

Für Andrang sorgte dort nicht nur das übliche Publikum der Comic-Szene. Wegen der Renovierung der Kongresshalle mussten die Veranstalter ein Ausweichquartier finden. Was sich als Glücksfall erwies. Der Salon breitet sich in diesem Jahr rund um den Schlossplatz aus, mit einem Zelt auch im Schlossgarten, Vorträgen in der Orangerie und Ausstellungen etwa im Redoutensaal und Palais Stutterheim. So bekommen auch die Passanten viel mehr vom Trubel mit.

"Als Provisorium mitten in der Stadt ist das absolut phänomenal", sagt Filip Kolek, Pressesprecher bei den Verlagen Reprodukt, avant und Edition Moderne. "Das hätte sicher nicht jede Stadt mitgemacht." Alles sei nun in Laufweite, die Wege kürzer als zuvor in der Heinrich-Lades-Halle. Und die Bedeutung des Salons für die Comic-Welt? "Absolut auf Augenhöhe mit der Frankfurter Buchmesse." Die ganze Szene vernetzt sich in Erlangen und rückt näher denn je zusammen: Verlage, Vereine, Organisationen und Journalisten.

"Vollwertiger Ersatz"

Den Umzug zum Schlossplatz empfindet auch die Zeichnerin Sarah Burrini als Vorteil: "Das ist ein vollwertiger Ersatz, ich finde es sogar besser – denn die Klimatisierung funktioniert hier." Bei mehr als 30 Grad Celsius kein unwichtiger Aspekt. "Der Salon ist auch eine Art Szene-Klassentreffen", sagt Burrini. Sie ist seit 2002 bei der Messe dabei, hat verschiedene Comics im Netz und in Printausgaben veröffentlicht, zuletzt die erste Ausgabe von "Nerd Girl". Eine sehr gute Idee sei das Zelt der Comic-Solidarity mitten im Schlossgarten. Rund um die Bühne der freien Interessengemeinschaft für Self-Publisher und Newcomer finden sich zahlreiche Stände von unabhängigen Comic-Schaffenden. Die Vielfalt reicht vom Surrealen bis zum Autobiografischen, die Zeichenstile von bizarr bis realistisch.

Allerdings bedeutet der Salon für Zeichner vor allem eins: Jede Menge Arbeit bei Signierstunden und am Stand. "Es ist immer ein Highlight, wenn man als Künstler vom Stand wegkommt", so Burrini. Was nicht daran liegt, dass die Künstler nicht gerne dort wären, aber sie sehen deshalb eben nur sehr wenig vom übrigen Geschehen und den Ausstellungen.

Einblick in die Welt Jeff Lemires

Neben den Arbeiten von Flix lockt im Redoutensaal als weiteres Highlight die Präsentation zu Jeff Lemire. Die ausgestellten Blätter werden ergänzt durch kurze Texte, die Einblick in den Schreibprozess des kanadischen Ausnahme-Künstlers geben. Von frühen Werken wie "Lost Dogs" bis zu aktuellen Comics wie "Black Hammer" lässt sich da die Entwicklung Lemires als Autor und als Zeichner nachvollziehen.

Etwas größer hätte die Ausstellung zu Marc-Antoine Mathieu ausfallen können. Im Kunstpalais dreht sich in der Mitte zwar ein Würfel, der zeigt, wie sich bei dem Franzosen die Grenzen zwischen Realität und Werk verschieben, wie sich ein Comic in eine andere Form als in Papier bringen lässt - doch trotzdem bleiben seine Werke hier auf Distanz. Zum Verwirrspiel seiner Geschichten passt das. Wirklichen Einblick in seine Arbeit erhält man aber eher nicht. Ebenfalls etwas enttäuschend: Das Programm für Manga-Fans fällt etwas dünn aus, diesmal findet sich kein erneuter Schwerpunkt wie die Ausstellung zu Jiro Taniguchi beim Comic-Salon 2016.

Trotzdem offenbart sich die Vielfalt der Comic-Szene nirgends so eindrucksvoll wie in Erlangen. Die Kreativität der Neunten Kunst schlägt derzeit neue spannende Wege ein. Davon zeugen die zahlreichen Stände der unabhängigen Künstler ebenso wie die Ausstellungen der Etablierten. Manchmal findet die Vielfalt ihren Ausdruck eben auch in fliegenden Autos mit Spirou am Steuer. So ein Knall kann sehr erfrischend sein.

Der Comic-Salon ist noch am Samstag von 10 bis 19 Uhr und am Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet; an beiden Tagen gibt es neben der Messe und den Ausstellungen erneut ein üppiges Begleitprogramm. Live-Blogs und alle Infos rund um dem Comic-Salon finden Sie hier oder unter www.comic-salon.de

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