Corona: Soforthilfe für kleine Kinos in der Krise

3.4.2020, 14:01 Uhr

Während Künstler und Musiker vom heimischen Wohnzimmer aus online gehen und auf Spenden für ihre kreativen Angebote hoffen, bietet das von einem Verein getragene Nürnberger Casablanca Kino Rabattaktionen für Gutscheine und Mitgliedschaften an. Auf der Website des Nürnberger Grandfilm-Verleihs kann man Filme, die bereits im Kino liefen, streamen – gegen eine Gebühr von 9,99 Euro. Die Hälfte davon kommt den Lichtspielhäusern zugute, die sonst die Neustarts von Grandfilm zeigen. Auch auf der Plattform "Kino on Demand" kann, wer Filme abruft, sein Lieblingskino durch Fünf-Euro-Gutscheine unterstützen.

Mit den "Känguru Chroniken" des X-Verleihs, die nach dem erfolgreichen Start Anfang März nur ein kurzes Leinwandleben hatten, wird jetzt erstmals sogar eine mit Fördergeldern finanzierte deutsche Produktion weit vor der Kinoauswertung online zum Kauf angeboten. In normalen Zeiten ein Tabubruch, da das Filmförderungsgesetz eine sechsmonatige Sperrfrist vorsieht.


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Doch die Zeiten sind nicht normal. Die Filmförderungsanstalt des Bundes stimmte dem vorgezogenen Online-Start zu, nachdem ein Teil der Erlöse den Kinos (denen Streamingangebote sonst ein Dorn im Auge sind) zugute kommen soll. Die "Känguru Chroniken", in dessen Marketing-Kampagne der X-Verleih laut Geschäftsführer Martin Kochendörfer eine siebenstellige Summe investiert hat, sind bislang ein Ausnahmefall. Weitere Anträge schließt FFA-Sprecher Jens Steinbrennerer jedoch nicht aus. "Wir werden darüber schnell, aber gewissenhaft entscheiden".

Extrem auf Kante genäht

Auch Kinobetreiber wie Christian Ilg vom Fürther Babylon und Casablanca-Leiter Matthias Damm äußern Verständnis dafür, dass die Verleiher von der "Cinema First"-Politik abrücken. Selbst kleinere Independent-Labels haben in die Vermarktung ihrer Filme oft 200 000 Euro und mehr investiert. "Viele Verleiher sind extrem auf Kante genäht", weiß Damm. "Da muss der aktuell laufende Film die Werbekosten für den nächsten einspielen."

Die Solidarität der Branche ist groß in diesen aktuellen Notzeiten, doch sind die genannten Beispiele letztlich weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein. Am 31. März setzten die bayerischen Arthouse-Kinos deshalb einen Alarmruf an das Digitalministerium und den FilmFernsehFonds Bayern ab, in dem sie auf ihre existenzielle Bedrohung in der Coronakrise aufmerksam machten. Die Hilfe kam schneller als erwartet. Nun kündigte das Ministerium ein umfangreiches Hilfsprogramm an – das natürlich eine längere Vorlaufzeit hatte, aber ziemlich genau den Forderungen der Kinobetreiber entspricht.


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Für Kinos in Bayern mit bis zu sieben Sälen werden demnach 1,2 Millionen Euro an Sofortprämien bereit gestellt, was für die rund 240 in Frage kommenden Spielstätten jeweils 5000 Euro bedeutet. Hinzu kommt eine Verdoppelung der jährlich vergebenen Programmprämien auf insgesamt bis zu 860 000 Euro. Dringend benötigtes Geld, das bereits im Juni ausgezahlt werden soll statt wie bisher im November.

Die unabhängigen Kinobetreiber, die in der Regel über keine großen Rücklagen verfügen, aber auch während der Pandemie-bedingten Schließzeit Miete, Betriebs- und Personalkosten zahlen müssen, reagierten gestern erleichtert auf das Hilfsprogramm. "Inklusive der anderen staatlichenHilfen könnte die Schließzeit für uns nun überstehbar werden", sagt Matthias Damm, der gleichwohl davon ausgeht, dass die Coronakrise "ein Riesenloch in unsere Kasse reißen wird."

Auch Christian Ilg glaubt, dass es trotzdem schwer sein wird, "über den Sommer zu kommen". Er will jetzt einen Förderverein für das Babylon gründen und hat eine Gutscheinkampagne gestartet.

Dass nach dem 20. April alles wieder auf Normalbetrieb umgeschaltet wird – davon geht kein Kinomacher aus, auch Wolfram Weber nicht, der das Nürnberger Cinecittà betreibt. Als größtes Multiplex-Kino Deutschlands fällt das Haus aus dem angekündigten Hilfsprogramm heraus. "Da müssten ganz andere Maßnahmen greifen." Seine Programmkinos Metropolis und Meisengeige erfüllen aber die Kriterien.

Verständnis für Maßnahmen

"Die Welt ist mit einem Schlag zum Stillstand gekommen", sagt Weber über die Folgen der Coronakrise. Ebenso wie die kleineren Kinobetreiber steht er voll und ganz hinter den beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Für die nächsten 30 Tage hofft er, dass seine Versicherung für den Betriebsausfall aufkommt.

Sorge macht er sich derzeit vor allem um die zahlreichen Minijobber, die nicht nur im Cinecittà, sondern in fast allen Kinobetrieben und in der Gastronomie unverzichtbar sind. Wie der Hauptverband Deutscher Filmtheater und die AG Kino/Gilde fordert er dringend, dass nicht nur für Festangestellte, sondern auch für die 450-Euro-Kräfte Kurzarbeitergeld vom Staat gezahlt wird.

Bei aller Ungewissheit, wie und wann es weitergeht, blickt Weber dennoch relativ optimistisch in die Zukunft. Zwar befürchtet er, dass viele kleinere Filme beim Gerangel um die Startplätze nach der Wiederöffnung der Kinos (vor dem Sommer rechnet keiner damit), untergehen werden. Die großen Blockbuster jedoch dürften dann Schlag auf Schlag folgen. Webers Botschaft: "Das Kino wird es immer geben. Und wenn wir wieder aufmachen, sollen die Leute kommen – in Strömen."

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