Die Nürnberger Brass-Band «John Q Irritated«

16.9.2008, 00:00 Uhr
Die Nürnberger Brass-Band «John Q Irritated«

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Es ist schon ein recht verschlungener Pfad, den sich Dirk Hess, Sänger, Songschreiber, Gitarrist, Bandgründer und Kopf von «John Q Irritated«, durch den Dschungel des Musikbusiness bahnt. Erstmal änderte die bereits als «Hot Klub« regional sehr erfolgreiche Mannschaft mit der Vertragsunterzeichnung bei «Hazelwood« auf Anraten des Labels ihren Namen. Ein Schachzug, den die stets auf Hipness bedachte Firma wenig später auch bei den Nürnberger Kollegen «The Great Bertholinis« (früher: «Ernie‘s Tale«) angewandt hat.

Neues Album in Trio-Besetzung

Nach dem kraftstrotzenden, bläsergetriebenem Second-Line-Funk des Hazelwood-Debüts «To Your Letter Of June 6th« von 2005, legen «John Q Irritated« nun ein neues Album in Trio-Besetzung vor: Neben Dirk Hess gehören nur noch der Sousaphonist und Posaunist Gerhard Gschlößl, sowie der Schlagzeuger Matthias Rosenbauer zum Stammpersonal. Der Rest - Robert Alonso und Stefan Lang an den Trompeten, Tobias Zillner an der Posaune, der ehemalige Sänger Gabriel Geller und Markus Riessbeck an den Saxophonen, sowie Oliver Stangl an der Pedal-Steel-Guitar - wird auf der CD als «Guests« gelistet. Was ist passiert?

«Wir haben uns musikalisch auseinanderentwickelt«, erklärt Dirk Hess. «Die Bläser wollten mehr Funk im herkömmlichen Sinn machen, sehr frei, mit langen Improvisationen. Meine Intention ist es dagegen, Songs zu schreiben, die zwar den New-Orleans-Sound als Grundlage haben, aber als Songs erkennbar bleiben.«

New Orleans als Inspiration

Gegründet wurde die Band 1998, nachdem Dirk Hess ein Praktikum in der «Preservation Hall of Jazz« in New Orleans absolviert hatte. In diesem legendären Live-Jazz-Club (nicht zu verwechseln mit der kommerzialisierten Touristenfalle ähnlichen Namens!) erlebte der damalige BWL-Student so fantastische Brass-Bands wie die «Rebirth Brass Band«, «New Birth Brass Band« oder «Olympia Brass Band«, traditionsreiche Kapellen, die mit Trompete, Posaune, Saxophon, einem Sousaphon als Bass-Ersatz, sowie getrennter Snare- und Basstrommel jeden Club in Brand setzen. Sowas wollte der junge Nürnberger daheim auch machen. «Das kannst du schon versuchen«, sagte ihm sein Chef in der «Preservation Hall«, «aber du wirst keinen Drummer finden.« Doch Dirk Hess wurde fündig - auch wenn er zwei Jahre suchen musste. Heute haben «John Q Irritated« mit Matthias Rosenbauer einen Schlagzeuger, der den lässig verschleppten Beat des «Big Easy« in sich aufgesogen hat wie ein Schwamm.

Weniger Funk

Nun ist der Funk-Einschlag beim neuen Album allerdings deutlich in den Hintergrund getreten. Nicht zuletzt beflügelt durch seinen Job als Gitarrist der Country-Rock’n’Roller «Smokestack Lightnin’« ist Hess’ Songwriting wesentlich Rhythm & Blues- und Rock’n’Roll-lastiger geworden. Knackiger Rockabilly, sonniger Sixties-Pop, stürmisch synkopierter Soul im Stile Allen Toussaints, Anleihen an Latin, Surf-Rock und Filmmusik, verbunden mit einer tief empfundenden Mississippi-Lässigkeit machen «Five Days Of Flat Water« zum bisher vielseitigsten Album. Einzig über die Produktion kann man sich streiten: Der übertrieben auf Retro getrimmte Mono-Sound und die durchgehend wie durch’s Telefon gesungen klingende Stimme machen den Genuss unnötig anstrengend.

Live im Club Stereo

Ungetrübte Freude verbreitet hingegen das Covermotiv: Die drei Herren, die in strahlend weißen Anzügen vier grazilen Badenixen ein Ständchen bringen, wurden im Pottensteiner Felsenbad abgelichtet. Genau dort findet am 28. September ab 17 Uhr die CD-Präsentation statt, bei der das Trio von der englischen Sängerin Corrina Greyson unterstützt wird. Mit dabei ist auch die Band «Jerobeam«, die ihren Schlaghosen-Pop ebenfalls bei «Hazelwood« veröffentlicht. Wem Pottenstein zu weit ist, hat am 3. Oktober im Nürnberger Club Stereo (Klaragasse 8) nochmal Gelegenheit, «John Q Irritated« live zu erleben. Was hiermit dringend empfohlen sei.