Dora Stock: Von Mozart verehrt

6.3.2010, 00:00 Uhr
Dora Stock: Von Mozart verehrt

© oH

Johanna Dorothea Stock gilt unter Fachleuten nach Maria Sybilla Merian und parallel zu Angelika Kauffmann als bedeutendste deutsche Malerin ihrer Zeit. Doch während die Namen Merian und Kauffmann bis heute in der breiten Öffentlichkeit bekannt sind, findet sie kaum Erwähnung. Die erste Biografie zu dieser Künstlerin erschien bezeichnenderweise nicht in Deutschland, sondern erst vor einigen Jahren in den USA.

Sie enthält auch einen relativ zusammenfassenden Überblick über ihre erhaltenen Arbeiten, die zum Bestand der Museen in Leipzig sowie Dresden, der Kunstsammlungen zu Weimar, des Schiller-Nationalmuseums in Marbach und der Nationalgalerie in Berlin gehören. Johanna Dorothea Stock entstammte einer Kupferstecherfamilie in Nürnberg. Hier wurde sie am 6. März 1760 geboren.

Kontakt zu Goethe

Als Dora fünf Jahre alt wurde, wechselte Vater Stock mit seiner Familie nach Leipzig. Zu seinen Schülern zählte dort auch der Student Johann Wolfgang Goethe, der die Kunst des Zeichnens sowie Kupferstechens vom Meister erlernen wollte. Goethe lernte auch Stocks Töchter Johanna Dorothea und Anna Maria kennen, die künstlerisch überaus begabt waren. Doch Dora betrachtete den selbstbewussten Studiosus wegen dessen Schwärmerei für ständig neue Frauen eher misstrauisch. Den meisten Kredit verspielte «Mosje Goethe» bei Dora, als sie hörte, wie der Malschüler ihrem Vater empfahl, die Töchter statt in den Künsten lieber im Haushalt auszubilden.

Mit 17 Jahren zeichnete Dora ihr erstes Selbstporträt, das heute zum Bestand in Weimar gehört. 1779 lernten die Stockmädchen den jungen Juristen Christian Gottfried Körner kennen, der sich für Kunst, Literatur und Philosophie interessierte. Hinzu kam Ludwig Ferdinand Huber. Daraus entwickelten sich zwei Paare und ein «Viererbund»: Minna Stock und Körner, Dora Stock und Huber. Sie begeisterten sich für Friedrich Schillers frühe Stücke und schrieben Briefe an ihn. Dora Stock steuerte vier Silberstiftzeichnungen mit den Porträts der Verehrer bei.

Von Schiller bis Mozart

Das Körnerpaar zog mit Dora nach Dresden. Zu ihren Gästen gehörten dort außer Schiller bald Alexander und Wilhelm von Humboldt, August Wilhelm und Friedrich Schlegel, Goethe, Novalis, Heinrich von Kleist, Anton Graff, Caspar David Friedrich, Johann Friedrich Tischbein und Wolfgang Amadeus Mozart.

Dora zeichnete die Geistesgrößen. Nur Goethe nicht. Als sich ihr Verlobter Huber einer anderen zuwandte, flüchtete sie in die Kunst. Ihr bekanntes Selbstbildnis in Öl erinnert im Aufbau an Tizians große Werke. Dora Stock wurde als einzige Frau in die Kurfürstliche Akademie der Künste in Dresden berufen, Mozart, von dem sie das wohl letzte Bildnis schuf, verehrte sie, und Goethe pries sie in «Dichtung und Wahrheit» als «vorzügliche Künstlerin».

Als ihr geliebter Neffe Theodor Körner im Kampf gegen Napoleon fiel, erfüllte sie tiefster Schmerz, was sich im großen Ölgemälde «Theodor Körner als Lützower Jäger» spiegelt, das heute in der Berliner Nationalgalerie hängt. Im Alter zogen Körners mit ihr nach Berlin, wo sie an Parkinson erkrankte und am 30. März 1832 verstarb.