Furchtlose Krimi-Schwestern aus der Teufelsmühle

15.3.2010, 00:00 Uhr
Furchtlose Krimi-Schwestern aus der Teufelsmühle

© privat

Eine unheimliche Gestalt im weißen Gewand, es ist eine Frau mit grauem offenem Haar und einem Margaritenstrauß im Arm, jagt den Mädchen im Zeltlager Gruselschauer über den Rücken. Am nächsten Morgen wird sie tot im Bach gefunden - und aufs Stangeneis des Teufelsmüllers gepackt, das er von der Brauerei zum Kühlen der Getränke im Keller stehen hat. Gut erfunden, oder?

Diese Szene kommt zwar auf den ersten Seiten des Krimis »Des Teufels Mühle» vor, in dem Hauptkommissar Bernd Rieker einen rätselhaften Mordfall lösen muss. Doch ausgedacht haben sich Ottilie Arndt und Lena Ostermeier die Begebenheit nicht. Denn die Zwillingsschwestern haben ihre ersten Lebensjahre tatsächlich in der Teufelsmühle im Spessart verbracht und die Geschichte mit der alten Frau hat sich tatsächlich so ereignet.

Eine Menge zu erzählen

»Wenn man wie wir über 60 Jahre alt ist, hat man eben eine Menge zu erzählen», sagen die 1948 geborenen Schwestern. Dass die beiden quirligen blonden Frauen aus einem reichen Fundus an Anekdoten aus ihrem Leben schöpfen können, ahnt man bei einer Begegnung mit ihnen schon nach wenigen Minuten. Es sprudelt nur so heraus aus der in München lebenden Lydia Ostermeier und ihrer in Nürnberg ansässigen Schwester Ottilie Arndt. Letztere ist dem Regionalkrimi-Publikum unter dem klangvollen Künstlernamen Lena Bloom bekannt, unter dem sie drei Nürnberg-Krimis veröffentlichte.

Die Handlung des ersten gemeinsamen Buches entsprang natürlich dennoch der Fantasie der Autorinnen. Doch viele Szenen sind genau so passiert: »Der Teufelsmüller und seine Frau, das waren unsere Eltern.» Als kleine Mädchen lebten Lydia und Ottilie in der vom Großvater gebauten Mühle, die nach dem Krieg zum »Wirtshaus im Spessart» wurde und heute noch im Familienbesitz ist. 20 Minuten Fußweg entfernt lag das nächste Haus - ein Bordell. Bäuchlings lagen die etwa Fünfjährigen damals auf dem Dielenboden der Mühle und schielten durch die Ritzen runter in den Gastraum. »Vieles von dem, was wir da gehört haben, haben wir uns gemerkt», sagen die Zwillinge, die sich als Kinder in einer eigenen Sprache unterhielten: »Wir haben teilweise gebrummt wie Bären.»

Regelmäßige Treffen alle sechs Wochen

Heute ist das selbstverständlich nicht mehr so, im Gegenteil, Lydia Ostermeier und Ottilie Arndt erweisen sich als äußerst eloquent. Studiert haben sie jeweils Pädagogik und Kunstgeschichte, wobei Arndt als Lehrerin arbeitete und von 1987 bis 1991 mit ihrem Mann in Kolumbien lebte. Ostermeier leitete eine Grundschule im Raum München, arbeitete an einer Reihe von Schulbüchern mit und zog zwei Kinder groß.

Die räumliche Trennung hat an der Verbundenheit der Zwillinge nichts geändert, spätestens alle sechs Wochen sieht man sich. Aber wie verfasst man gemeinsam ein Buch, wenn fast 200 Kilometer zwischen den Wohnorten liegen? Die Geschwister teilten sich das Romanpersonal und einzelne Szenen auf. In Teamarbeit fügten sie die Passagen dann aneinander und glätteten Übergänge. »Das merken Sie nicht, dass hier zwei verschiedene Schriftstellerinnen am Werk waren», sagt Ottilie Arndt, deren große Fenster in der Wohnung einen herrlichen Blick auf die Pegnitz offenbaren.

Akribische Recherche

So romantisch mögen es die Autorinnen aber höchstens privat: »Liebesromane liegen uns nicht», sagen sie entscheiden. Selbst das Schreiben einer Weihnachtsgeschichte misslang: Irgendwann passierte der Mord quasi von alleine und die Erzählung wurde immer schräger. Schrecken kann das zwischen Teufelsmühle und Hexentanzplatz in der Nähe aufgewachsene Duo ohnehin nichts: »Wir sind vollkommen angstfrei, Dunkelheit und Wälder machen uns nichts aus», sagt Lydia Ostermeier.

Und in der Recherche sind sie knallhart und akribisch: Belustigt erzählt Ottilie Arndt, wie sie in einem Nürnberger Sexshop mit akademischem Interesse herausfand, ob und wie man sich aus Handschellen befreien kann.

Momentan beschäftigen sich die schreibenden Zwillinge allerdings eher mit Giftmischungen und wie man bitteren Eibensaft so süß macht, dass das Mordopfer nichts merkt. Denn der nächste gemeinsame Krimi ist schon in Arbeit und soll im Herbst dieses Jahres erscheinen.

Lesung am Mittwoch, 17. März, 19.30 Uhr in der Villa Leon (Philipp-Körber-Weg 1).