Gegen das Böse: Ein Ausstellungshaus voller Magie

Bernhard Mayer

22.10.2024, 09:23 Uhr
Nachbildung eines sogenannten punischen Köpfchens aus Glas

© NHG Nachbildung eines sogenannten punischen Köpfchens aus Glas

Talismane können Archäologen richtig Glück bringen. Denn als archäologische Funde helfen Amulette und andere Glücksbringer den Fachleuten bei ihrer Interpretation. Rätselhafte Grabbeigaben und weitere Gegenstände aus schriftlosen Zeiten bekommen durch den Vergleich eine denkbare Erklärung. Dennoch werden wir nie Gewissheit über die tatsächliche Bedeutung dieser vorgeschichtlichen Objekte bekommen, da erst durch schriftliche Überlieferung diesbezügliches Gedankengut festgehalten und weitergegeben werden kann.

Verfolgt man die Geschichte der magischen Gegenstände weltweit quer durch frühere Epochen, so gewinnt man den Eindruck, dass die Vorstellung von manipulierbarem Schicksal, regional unabhängig und zeitlos, den allgemeinen Glaubenshintergrund bildet, also schlichtweg zutiefst menschlich ist. Darf man also annehmen, dass solche übergreifenden Ideen auch in vorgeschichtlichen Zeiten wirksam waren?

In der Ausstellung Gegen das Böse – für das Gute geht das Naturhistorische Museum Nürnberg genau dieser Frage nach. Zahlreiche Ausstellungsstücke sollen die Besucherinnen und Besucher zum Vergleichen anregen. In vorgeschichtlichen Gräbern, auch aus Franken, wurden zum Beispiel Kaurischnecken aus dem Mittelmeer zusammen mit gläsernen Augenperlen gefunden. Letztere könnten ihr Vorbild in den gläsernen punischen Köpfchen mit Glubsch-Augen haben.

Zahlreiche weitere Objekte aus dem Depot der Abteilung Vorgeschichte, aber auch Leihgaben aus anderen Museen und Privatsammlungen werden erstmals in Nürnberg zu sehen sein – unter anderem ein Scharivari, also ein Gehänge mit mehreren Amuletten, das aus Privatbesitz ins Museum kam.

Fremdartiges soll den Blick in die Vielfalt des Amulett-Brauchtums mit Exponaten aus Fernost, Afrika und Südamerika und nicht zuletzt Europa erweitern. Neben Buddha-Figürchen für das Armaturenbrett, Papiergeld für ein Brandopfer und Sorgenpüppchen als persönliche Vertraute werden noch viele weitere Kostbarkeiten aus dem Magazin der Abteilung Ethnologie gezeigt und erläutert.

Die Suche nach magischen Alltagsgegenständen quer durch Zeit und Raum wird erweitert mit den geläufigen Glückssymbole wie Hufeisen, Kleeblatt oder Glücksschweinchen, von deren angeblicher Wirksamkeit wir vielleicht noch wissen, die sich aber inzwischen zu reinen Glückssymbolen gewandelt haben. Wir wissen, das Glück lässt sich nicht zwingen – aber vielleicht locken? Selbst manch aktueller profaner Körperschmuck hat eine magische Herkunft…

Und wie lassen sich Haus und Hof vor Blitzschlag schützen? Die Ausstellung zeigt Beispiele dafür und so manches „Amulett für Gebäude“ wird dem einen oder anderen bekannt vorkommen.

Der „Schicksalsparcours“ im Naturhistorischen Museum versammelt viele Mittel und Methoden, mit denen Menschen Unheil abwenden und das Glück anziehen möchten, zum Beispiel auch mit Votivgaben. Ein reichhaltiges Begleitprogramm mit Führungen, Vorträgen und Erzähl-
abenden nimmt alle „Glücksbesucher“ an die Hand. Aber auch auf eigene Faust kann man – durch die Sonderschau neu sensibilisiert – die Fülle an Amuletten und Talismanen in der Dauerausstellung wiederentdecken.

Beim Blick in die Vitrinen, aber auch an den zahlreichen Figuren lässt sich feststellen, dass magischer Schmuck allgegenwärtig und vielfältig ist. Insbesondere im Ethnologiesaal werden Gegenstände aller Art präsentiert, die auch über den Gebrauch als Amulett hinausgehen: Ein Ausstellungshaus voller Magie!

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