"Gut gegen Nordwind" im Gostner Hoftheater

23.09.2013, 10:31 Uhr

© Gostner

Wie bringt man einen Roman auf die Bühne, der ein einziger langer E-Mail-Verkehr ist? Regisseur Gregor Leschig ist bei seiner Inszenierung im Gostner durchaus um Abwechslung bemüht, lässt seine beiden Protagonisten mal auf Laptops, mal auf Ipads tippen, projiziert manche der Texte (und surreale, auch bewegte Bilder von Stadt- und Innenräumen) auf die große Gazewand, die den Bühnenraum teilt und die beiden Liebenden trennt. Letztlich bleibt das ganze aber nicht viel mehr als die szenische Lesung eines starken Textes.

Daniel Glattauer schaffte es mit der ungewöhnlich erzählten Liebesgeschichte voller Witz und Esprit 2006 auf die Nominierungsliste des Deutschen Buchpreises. Es geht darin um die Macht der Sprache, die Sehnsucht nach dem Ausbruch aus festgefügten (Ehe-)Bahnen, die Illusion vom Glück und Vision vom Traumpartner.

Dummer Tippfehler

Den glauben Emmi und Leo immer stärker im anderen zu erkennen, obwohl sie sich — bedingt durch einen dummen Tippfehler beim Versenden von elektronischer Post — nur aus dem Netz kennen. Immer enger, immer intimer wird ihr E-Mail-Kontakt. „Das ist wie Telefonsex, nur ohne Sex. Und ohne Telefon“, meint sie. „Schreiben ist wie Küssen ohne Lippen“, befindet er. Letztlich also doch eine ziemlich erotische Angelegenheit? Davon spürt man auf der Bühne wenig.

Cordula Wirkner gibt die Emmi als quirlige, angriffslustige junge Frau und trifft damit wohl den von Glattauer angelegten Charakter, auch wenn viele Leser der Geschichte die Figur als scheuer, hilfloser und leise verschmitzter empfunden haben mögen. Ein Bild macht man sich eben nicht nur vom Traumpartner, sondern auch von Romangestalten. Und deshalb tut man sich mit Leo in dieser Inszenierung besonders schwer. Thomas Witte spielt den Mann, der die kecke Emmi mit seinem Esprit um den Finger wickeln soll, als leicht tollpatschigen Flirt-Partner mit Sehschwäche, der beim konzentrierten Tippen verbalerotischer Zeilen gerne die Zunge zwischen die Lippen klemmt. Verführungskunst sieht anders aus.

Freundlicher Applaus nach zweieinhalb Theater-Stunden, die vom Tempo und Witz des Textes, nicht von den Bildern leben.

Weitere Aufführungen: 25. bis 29. September, 2. bis 5. Oktober, 1.-9. November. Karten-Telefon 0911/ 262510.
 

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