Hier macht die Bildhauerei tierisch Spaß
26.9.2012, 00:00 UhrChristian Rösner ist der Mann fürs Große und Grobe. Zumindest ist er dafür bekannt. Seine riesigen Skulpturen stehen im Nürnberger Tiergarten, am Brombachsee und auch an mehreren Schulen in der Region. Ihr Thema: Mensch und Tier, wobei die Betonung auf und liegt. Denn so gut wie immer gehen die beiden Spezies bei Rösner eine, na sagen wir, ungewöhnliche Verbindung ein. Da zieht der Schimpanse einem Bengel die Ohren lang, der Arm von „Venus“ steckt in einem Schlangenmaul, ein kleines Männchen stützt eine fette Seekuh, ein anderes turnt auf den überlangen Hörnern einer Antilope. Der Mensch als Krone der Schöpfung? Eher tanzt er ihr hier auf der Nase herum.
Schweißtreibende Arbeit
Angefangen hat der Bamberger ganz klein: „Ich hab schon als Kind mit dem Schnitzmesser Tierfigürchen gemacht.“ An der Nürnberger Akademie kam dann die menschliche Figur ins Spiel. „Ich habe mich stark mit Aktstudium befasst, hatte aber schon immer eine Liebe zur Form der Tiere“, sagt er — und hat dann eben beides auf seine unverkennbare Art zusammengeführt.
Denn mit Beginn des Studiums machte er eine Anschaffung fürs Leben: Die erste Motorsäge kam ins Haus, inzwischen hat er mehrere. Sie sind sein bevorzugtes Werkzeug. Wenn er das anwirft, geht es laut, dreckig und stinkend zu. Hier ist die Kunst schweißtreibend. Mit der heulenden Säge haut Rösner die rauen Figuren aus den riesigen Stämmen — bevorzugt Eiche — die vor seinem 800 Quadratmeter großen Atelier „Auf AEG“ lagern. Wer das betritt, steht in einem Zoo der Uneitelkeiten: Nackte Menschen im Ringen mit der Natur. Daraus könnte man „dramatische Endzeitvisionen entwickeln“, gibt Rösner zu. Mag er aber nicht. „Ich will selbst Spaß an den Figuren haben“, sagt der 43-Jährige — und das Publikum goutiert seine Herangehensweise zwischen ironischer Brechung und kritischer Kommentierung, zwischen Monumentalität und Liebe zum Detail.
Abstrakt hat er nie gearbeitet und bedauert, dass es keine Klassen für figürliche Bildhauerei gibt. Andererseits sieht er darin auch eine Chance: Mit seiner langen Erfahrung im figürlichen Schaffen hebt er sich aus der Masse der installativ arbeitenden Kollegen heraus. Und es ficht ihn auch nicht an, wenn man ihm mitunter ankreidet, mit seinen Großskulpturen immer wieder dasselbe zu machen.
Lust auf Experimente
Ein Markenzeichen hat außerdem noch keinem geschadet. Zumal dann nicht, wenn er auch ständig experimentiert. Neben den metergroßen Holz-Gesellen gibt es auch fingerkleine aus Metall von Rösner. Außerdem Grafiken zu seinem Lieblingsthema. „Das Verhältnis von Tier und Mensch ist so vielschichtig, es gibt mir immer wieder neuen Impuls“, sagt der Künstler, der einen Jagdschein hat. In der aktuellen AEG-Ausstellung „Parcours“ präsentiert Rösner erstmals Keramiken. Tierische „Opfer“ zeigen sie — eine grausam-witzige Parade.
Für seine „besonderen Leistungen in der bildenden Kunst“ wird Rösner am Freitag mit dem Grau-Preis geehrt. Er wurde 1993 von der Witwe des fränkischen Malers Otto Grau (1913—1981) initiiert. Bisherige Preisträger waren der Komponist Werner Heider, der Maler Werner Knaupp oder der Kabarettist Frank-Markus Barwasser. Sein „Pelzig“ dürfte Gefallen finden am augenzwinkernden Sägen des Kollegen.
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