Im Schleudergang der Waschmaschine erprobt

07.07.2014, 17:25 Uhr
Im Schleudergang der Waschmaschine erprobt

© dpa

Gestatten: Mein Name ist Brazuca, ich bin der offizielle Fifa-WM-Ball 2014. Ich fege über den Platz und bin der Mittelpunkt für die ganze Nation. Ich bin farbig und ziemlich populär.

Bei meinem Vorgänger Jabulani, dem Ball für die vorige WM 2010 in Südafrika, war das noch ganz anders. Als „Flatterball“ war er bei den Torhütern verhasst, die Stürmer bezeichneten ihn als „einen aus dem Supermarkt“ oder gar als „Katastrophe“.

Nach dieser harschen Kritik war mein Hersteller Adidas gezwungen, etwas Einzigartiges zu produzieren. Dabei kam ich heraus, ein technologisches Meisterwerk.

Ich wiege nur 437 Gramm und bin absolut wasserdicht. Aber es war ein langer Weg für mich. Mehr als zwei Jahre wurde ich in zehn Ländern getestet. Von 600 Spielern getreten und geworfen.

Doch damit nicht genug. Um meine Eigenschaften bei starkem tropischen Regen zu testen, wurde ich in eine Waschmaschine gesteckt – nicht nur einmal. Mehrere Schleudergänge hatte ich auszuhalten. „Wir sind mittlerweile so weit, dass die Bälle null Gramm Wasser aufnehmen“, sagt Harald Koerger von Adidas über mich.

Damit ich den Test in der Waschmaschine überhaupt schaffen konnte, brauchte ich ein spezielles Material und eine neue Fertigungstechnik. Waren meine Vorgänger, so legendär sie auch sein mögen, aus Lederstücken und genäht, bin ich aus sechs Teilen geklebt und aus Plastik. Aus einem vom Bayer-Konzern entwickelten Polyurethan – eine echte Revolution. Und außerdem besteht meine Oberfläche aus fünf Schichten, wie Projektleiter Thomas Michaelis von Bayer Material Science gerne erklärt.

Von meinem Vorgänger Jabulani wurde schon behauptet, er habe ein außergewöhnlich stabiles Flugverhalten und eine perfekte Griffigkeit bei allen klimatischen Bedingungen. Das hat mich stutzig gemacht – denn so ähnlich werde ich auch beschrieben.

Um zu wissen, ob ich wirklich der „beste Ball“ bin, den Adidas jemals produziert hat, bin ich auf die Suche gegangen. Gefunden habe ich eine englische Fußballseite, die mir bescheinigt: Ja, ich bin besser als Jabulani. Und meines Wissens nach hat sich während der WM auch noch keiner so richtig über mich beschwert.

Als Fußball sollte man natürlich nicht nur seinen Vorgänger kennen, sondern auch etwas über seine Vergangenheit wissen. So erfuhr ich, dass schon zu vorchristlicher Zeit in China mit Bällen gekickt wurde. Aber erst um das Jahr 1930 entwickelte ein Argentinier den ersten wirklichen Fußball mit Ventil. In diesen braunen Lederkugeln steckt eine Schweineblase, die man mit Luft befüllen konnte. Als ich das hörte, war ich richtig froh, dass sich in meinem Inneren keine Tierinnereien mehr befinden. Dann lernte ich den ersten Weltmeisterschaftsball von Adidas kennen, den aus 32 Panels zusammengenähten Telstar von 1970. Er war ein richtiger Fernsehstar mit seinem Schwarz-Weiß-Muster. Dafür war er auch gemacht. Denn damals gab es noch viele Schwarz-Weiß-Fernseher, und da war er viel besser zu sehen als ein brauner Ball auf grünem Rasen.

Einen kleinen Haken habe allerdings auch ich. Ich bin hier im Handel ziemlich teuer – obwohl ich im Billiglohnland Pakistan produziert werde. Um die 150 Euro koste ich im Laden, und „das wollen die Kunden einfach nicht zahlen“, sagt Julia Föchst vom Südstadt-Sport-Outlet in Nürnberg über mein kleines Problem.

Aber billiger kann sie mich auch nicht verkaufen. „Theoretisch ging es bis zu 110 Euro. Aber noch weniger ist nicht drin, sonst verdient man nichts mehr. So eine Spanne von 10 Euro Gewinn ist nicht schlecht, alles andere ist unrentabel.“

Aber vielleicht bin ich ja auch mein Geld wert. Immerhin bin ich der WM-Ball. Und ich habe das Twittern für mich entdeckt und kann mehrere Sprachen. Ich twittere momentan in Englisch und Portugiesisch, und Deutsch lerne ich auch noch fleißig dazu. All das macht mich zu einem ganz besonderen Ball. Der am meisten getestete bin ich auf jeden Fall.

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