In der Badeanstalt wird jetzt Kunst gezeigt

21.5.2009, 00:00 Uhr
In der Badeanstalt wird jetzt Kunst gezeigt

© Peter Leutsch

Neue Kunsthalle hin oder her, natürlich ist das große Thema in Schweinfurt die Zukunft der Schaeffler-Mitarbeiter. 5800 sind es vor Ort. Die vom Konzern vorgegebenen Sparvorgaben liegen bei 58 Millionen Euro, was rein rechnerisch 1034 Stellen entspricht. «Es geht immer auf und ab. Wir dürfen uns nicht umwerfen lassen«, sagt Gudrun Grieser. Mit der Gelassenheit von 18 Jahren Diensterfahrung als Oberbürgermeisterin reagiert die CSU-Politikerin auf die aktuelle Krise. Schließlich habe die Stadt «dicke Rücklagen« und sei schuldenfrei. Eine beneidenswerte Situation, von der andere Städte nur träumen können.

14 Millionen Euro in Umbau investiert

Entsprechend großzügig wurde und wird in dem Ort auch die Kultur gefördert. Für das im Jahr 2000 eröffnete Museum Georg Schäfer, dessen Bau der Freistaat finanziert hat, trägt die Stadt seither die Betriebskosten von jährlich rund 800.000 Euro. Das städtische Theater, ein Bau aus den späten 60er Jahren, wurde im Jahr 2001 für sechs Millionen Euro generalsaniert. Die größte Einzelinvestition der letzten Jahre aber war der insgesamt 14 Millionen Euro teure Umbau des Hallenschwimmbades zur Kunsthalle: Wo man früher Badefreuden genoss, kann man jetzt in Kunst eintauchen.

Der Industrielle Hans Sachs (1867-1932) hatte den Bürgern seiner Heimatstadt das 1933 fertiggestellte Bad geschenkt. Und schon damals hat der Stifter es ausdrücklich nicht als Kritik aufgefasst, als man seinen neusachlichen Architekturplänen vorwarf, «... die Sache sähe halt eigentlich nicht wie ein Hallenbad aus, sondern mehr wie eine Festhalle, in der auch Kunstausstellungen stattfänden.«

Anmutung einer Klosteranlage

Stimmt. Durch einen Arkadengang nähert man sich der großen Freitreppe, die zum Eingang führt. Mit der langen, sanft geschwungenen rückwärtigen Fassade, der großen Kuppel, die einst dazu diente, Hitze abzutransportieren, und dem Innenhof erinnert das Gebäude mehr an eine Klosteranlage als eine Badeanstalt.

Lange hatte der Stadtrat ab 2002 darüber debattiert, was mit dem maroden Schwimmbad werden soll. Eine ähnliche Diskussion kennt man - allerdings ohne bislang greifbares Ergebnis - vom Nürnberger Volksbad. Die Schweinfurfter fassten 2003 den Entschluss, den Bade- zum Kunsttempel umzuwidmen. Herzstück damals wie heute: Die Schwimmhalle, 600 Quadratmeter groß mit einer zwölf Meter hohen Decke. Dagegen wirkt der Ausstellunsgssaal im Neuen Museum Nürnberg nachgerade putzig. Die Halle, aus der das Becken natürlich verschwunden ist, ist ein imposanter Raum. Hier bieten sich fantastische Möglichkeiten für Ausstellungen auch mit Werken im XXL-Format.

Kunst in der Umkleidekabine

In die ehemaligen Umkleiden, das Kasino und den Keller ist ebenfalls Kunst eingezogen. Auf insgesamt 2000 Quadratmetern wird die städtische Sammlung zeitgenössischer Kunst präsentiert, dazu die als Dauerleihgabe neu hinzugewonnene Kunstkollektion des schwäbischen Sammlers Joseph Hierling. Sie zählt über 300 Werke des expressiven Realismus zur Kunst zwischen den beiden Weltkriegen. Auch der Kunstverein stellt hier seine Aktivitäten vor.

Ein Schwerpunkt der seit rund 30 Jahren zusammengetragenen städtischen Kunstsammlung mit insgesamt 1500 Werken ist Kunst aus Franken. Viele Namen aus Nürnberg sind in der Sammlung - und auch in der Eröffnungspräsentation - vertreten, darunter Hubertus Hess, Peter Kampehl, Winfried Baumann, Herbert Bessel oder Franz Vornberger.

Und es konnten auch Künstler gewonnen werden, die erfrischend pfiffig auf die Geschichte des Ausstellungsortes eingehen: «Freischwimmer« heißt die beeindruckende Lichtinstallation von Chris Nägele, die das 15 Meter hohe Treppenhaus ganz in Grün taucht. Bettina Bätz hat bei Schweinfurter Friseuren Haare eingesammelt und daraus einen riesigen weiblichen Akt auf weiße Kacheln «gezeichnet« - just an der Stelle, wo dereinst die Damen-Duschen standen.

Willkommene Ergänzung

Das Kunstbad liegt ausgesprochen zentral am westlichen Rand der Altstadt unweit der Fußgängerzone. Mit dem Theater ist es über einen Park verbunden. Und zum Museum Georg Schäfer (MGS), dem großen etablierten Haus für die Kunst des 19. Jahrhunderts, sind es nur wenige Gehminuten. Als willkommene Ergänzung sieht MGS-Direktorin Sigrid Bertuleit die Kunsthalle: «Wenn Schweinfurt attraktiver wird, ist das auch gut für den Standort unseres Museums«.

Wer das Bad besucht, muss unbedingt auch in ihrem Haus vorbeischauen. Denn bis Anfang August sind dort zwei Berühmtheiten zu Gast: Émile Zola gemalt von Édouard Manet. Bertuleit bekam das 1868 gemalte Bild aus dem Pariser Musée d’Orsay als «Dankeschön« für die Leihgabe von drei Werken Lovis Corinths im Vorjahr. Drumherum hat sie gut 100 historische Fotografien gruppiert, die Paris so zeigen wie es der Maler Manet und der Schriftsteller Zola erlebt haben.

Industriemuseum als nächstes Kulturprojekt

Mit dem Museum Georg Schäfer, dem Museum Otto Schäfer für Buch und Grafik und der Kunsthalle sieht Oberbürgermeisterin Grieser Schweinfurt in Nordbayern gut aufgestellt - «auf jeden Fall besser als Coburg oder Würzburg«. Und weil sie sich von der aktuellen Wirtschaftskrise nicht aus der Ruhe bringen lässt, arbeitet sie bereits am nächsten Kulturprojekt: Ein Industriemuseum soll eingerichtet werden - und noch in diesem Jahr wird das Depot dafür gebaut.

Kunsthalle Schweinfurt im ehemaligen Hans-Sachs-Bad, Rüfferstr. 4. Ab 29. Mai, Di-So 10-17, Do 10-20 Uhr. Tel.: 09721/51498.