Kasimir und Karoline: Lauter Egos und etwas Liebe

8.10.2017, 17:49 Uhr
Kasimir und Karoline: Lauter Egos und etwas Liebe

© Marion Bührle

Das Morgen sieht für Kasimir düster aus. Die Buchstaben "TOMORROW", hoch oben am Gerüst, das diesen Vergnügungs-Zirkus markiert, leuchten erst, als er wütend ans Gestänge schlägt. Sein Lebkuchenherz ist schon gleich am Anfang gebrochen, das in seiner Brust folgt wenig später.

Denn er liebt diese fröhliche Karoline, die für seinen Trübsinn einfach keinen Nerv hat, sondern auf dem Oktoberfest nur Eis, Achterbahn und Anerkennung sucht. Liebe ist schön, sozialer Aufstieg aber noch besser. Georg Schmiedleitner, jahrelang stilprägender Regisseur am Nürnberger Schauspiel und in der Oper, bleibt sich auch bei diesem dritten Horváth-Stück treu, das er mit dem Ensemble inszeniert: Optisch darf es durchaus deftig zugehen, doch die Kern-Szenen aus diesem zeitlos gültigen Abgesang auf die Gerechtigkeit der Gesellschaft und die große Liebe bleiben fast unverändert und wirken dadurch umso intensiver.

Düstere Höllen-Engel

Die nüchterne Szenerie, die Bühnenbildner Stefan Brandtmayr weit weg vom ursprünglichen Oktoberfest-Flair ins Schauspielhaus stellt, enthält nur noch  Zitate: Autoscooter und Dixi-Klo müssen reichen als Wiesn-Anleihe. Aus den Boxen dröhnt HipHop, zwei düster hauchende Engel im Goldmantel (Ricarda Seifried, Nora Schulte) und der herrlich schmierige Ausrufer (Pius Maria Cüppers) markieren die dunkle Seite, auf die sich Karoline in ihrer Sehnsucht nach Abwechslung bald schlägt.

Eiskalt und ohne Herz ist all dieses Vergnügen, und mitten drin der todtraurige Kasimir, der seinen letzten Halt, die Liebe zu Karoline, sterben sieht. Stefan Willi Wang und Josephine Köhler spielen das Ex-Paar angenehm zurückgenommen, in den entscheidenden Dialogen anrührend und eindringlich, auch wenn aus dem Hintergrund schon wieder irgendein Song störend dröhnt. Da hätte sich Schmiedleitner ruhig noch mehr auf seine ausgezeichneten Schauspieler verlassen können.

Pralle Hintern und Traurigkeit

 

Während Kasimir sich mit seinem Lebkuchenherz zu strangulieren versucht, ist Karoline nur allzu empfänglich für die Avancen der höheren Schichten: Michael Hochstrasser als Kommerzienrat Rauch und Heimo Essl als Landgerichtsdirektor Speer nutzen kühl ihre höhere soziale Stellung aus und schwadronieren von der Demokratie, während sie auf pralle Hintern gucken. Und auch Schürzinger (Martin Aselmann), der Streber mit Pomade-Scheitel, erhofft sich egoistisch Gewinn davon, dass er die eben noch angeschwärmte Karoline seinem Chef überlassen kann. Karoline reitet im Hippodrom nicht auf dem Gaul, sondern auf dem entblößten Cüppers — nach richtiger Lust oder Freude sieht das nicht aus, eher nach rauschhaftem Vergessen. Da ist die Inszenierung klar im Hier und Jetzt angekommen, auch wenn vieles für die drastische Optik überzogen wird.

Nächste Aufführungen am  12., 21., 25. und 29. November, 7., 22. 28. Dezember,. Karten-Tel. 09 11/ 216 27 77

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