Keine Angst vor Rassisten
19.3.2014, 00:00 UhrArier sind groß, blond, blauäugig und von weißer Hautfarbe. Ein weitverbreiteter Irrglaube, massiv geschürt durch die „Rassentheorie“ der Nazi-Diktatur, der sich bis heute hartnäckig hält. Die afrodeutsche Regisseurin Mo Asumang machte sich auf die Suche nach den echten Ariern. Vor allem aber führt ihr Film in die rechtsextreme Szene in Deutschland und den USA, wo sie mit Propagandisten und Mitläufern spricht, um deren Weltbild auf den Grund zu gehen. Was Asumang dabei zutage fördert, ist entlarvend und oft hochgradig grotesk.
„Die Arier“ klagt nicht an, ist kein Lehrfilm im klassischen Format, sondern fesselt durch die direkte Konfrontation der Angehörigen der vermeintlichen Herrenrasse mit ihrem „Feindbild“ in Gestalt der dunkelhäutigen Regisseurin. Mo Asumang traf NPD- Demonstranten in Mecklenburg-Vorpommern, begleitete den Fackelzug von Elite-Burschenschaften zur Wartburg. Sie geht freundlich auf die Menschen zu, fragt, was für sie Deutschsein bedeute – und stößt auf Abweisung, Schweigen, Verunsicherung.
Ihre Freundin, die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano, versteht nicht, was die Filmemacherin erreichen will. Ob sie glaube, diese Leute, deren menschenverachtende Ideologie so tief verankert sei in ihren Köpfen, umkrempeln zu können. Doch Asumang - 1963 in Kassel geborene Tochter eines Ghanaers und einer Deutschen -, deren Großmutter als SS-Sekretärin arbeitete, will herausfinden, warum es Leute gibt, die denken, sie seien mehr wert als andere. Sie reist in den Iran, wo sie Angehörige des echten Arier-Volkes trifft – friedliebende Menschen, die Hitler für verrückt erklären. Reist weiter in die USA, wo sich die Zahl der Aryan-Hassgruppen, die auch vor Mord nicht zurückschrecken, im vergangenen Jahrzehnt auf über 1000 verdoppelt hat.
Dort trifft sie Ku-Klux-Klan-Anhänger und den Top-Rassisten Tom Metzger, der in seiner Internet-Radio-Show zur arischen Revolution aufruft. Es ist eine absurde Begegnung, bei der Metzger Asumang erklärt, sie sei das Produkt einer „Gen–Entführung“. Am Ende fragt er, ob er sie umarmen dürfe und gesteht, die Sache mit dem Rassismus sei einfach ein großes Geschäft.
Mit ihrer entwaffnend offenen Art gelingt Mo Asumang ein tiefer Blick in die Seele des Rassismus. Dass dessen Motivation vor allem Angst, das Gefühl der Ohnmacht und die Suche nach Schutz in der Gruppe sind, mögen Wissenschaftler vielfach dargelegt haben. Doch in der direkten Konfrontation, die Asumang wagt, ist „Die Arier“ ein rares, aufrüttelndes, hervorragend gemachtes Dokument.
„Jeden Rassisten kann man relativ schnell schachmatt setzen, wenn man ihm nicht mit Gegenhass begegnet und ihm so die Möglichkeit nimmt, in der Vorstellung seines Feindbildes zu bleiben“, sagt Asumang. Ein mutiger Film, der jede Aufmerksamkeit verdient.
Weitere Aufführung heute, 18.15 Uhr, im Festsaal des Nürnberger Künstlerhauses, Königstr. 93.
Arte zeigt „Die Arier“ am 29. April, das ZDF am 5. Mai.
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