Macht, Geld und Liebe: Neuer Film über die Faber-Castells

14.9.2019, 15:52 Uhr
Macht, Geld und Liebe: Neuer Film über die Faber-Castells

© Foto: ARD Degeto/Martin Spelda

Eine 16-Jährige, die 1893 Alleinerbin eines Welt-Unternehmens wird, sich gegen vielfältigste Widerstände behauptet und mit 40 Jahren alles aufgibt, um die große Liebe ihres Lebens zu heiraten: Angelehnt an Ottilie von Faber-Castell erzählt Regisseurin Claudia Garde eine Emanzipations- und Liebesgeschichte zu einer Zeit, in der Frauen ihres Standes aufs Repräsentieren und das Gebären vorzugsweise männlicher Nachkommen reduziert wurden.

Die dreistündige ARD-Produktion "Ottilie von Faber-Castell – Eine mutige Frau" (auch das Drehbuch stammt von Claudia Garde) basiert auf Asta Scheibs 1998 erschienenem Roman "Eine Zierde in ihrem Hause". Gedreht wurde in Tschechien. Als Steiner Schloss dient das frühbarocke Schloss Libochovice, als pittoresk inszenierte Bleistiftfabrik eine ehemalige Brauerei in Trebon. Die Familie von Faber-Castell legt Wert auf den Hinweis, dass bei der Verfilmung viel künstlerische Freiheit in die biografischen Fakten gemischt wurde.

Tod des Vaters

Es geht tragisch los mit dem Tod von Ottilies Vater, dem die Trauergemeinde im strömenden Regen die letzte Ehre erweist. Noch auf der Rückfahrt eröffnet Lothar von Faber seiner Enkelin, dass er sie als Alleinerbin seines Bleistift-Imperiums bestimmt habe (was so historisch nicht richtig ist). Martin Wuttke spielt den Patriarchen als bitteren Mann, der feuchte Augen kriegt, wenn er auf die kluge, ihm so ähnlich scheinende Ottilie (Kristin Suckow) blickt.

Schlaglichtartig werden die weiteren Charaktere vorgestellt: die strenge Großmutter (Eleonore Weisgerber), die die Entscheidung ihres Mannes von Herzen missbilligt, Ottilies duldsame Mutter Bertha (Maren Eggert), die Halbwaise Anna (Lena Klenke), erst Küchenmädchen, dann Vertraute Ottilies, der rebellische Arbeiter Johann (Pit Kukowski).

Der darf Ottilie bei ihrem ersten Besuch in der Bleistiftfabrik gleich mal das Leben retten, verliert dabei eine Hand, und die junge Frau befallen heftige Zweifel, ob sie für die ihr zugedachte Aufgabe geeignet ist.

An Dramatik, begleitet von mächtigen Streicherklängen und Close-ups auf die Gesichter, mangelt es dem Film nicht. Auch Kostüme und Ausstattung wurden sorgfältig rekonstruiert. Doch bleiben die Charaktere recht leblose Abziehbilder – mit Ausnahme der fabelhaften Kristin Suckow. Überzeugend, mit viel natürlichem Charme verkörpert sie die zunehmend selbstbewusste Ottilie, die sich den Respekt der Werksdirektoren erwirbt – auch wenn die steifen Herren es nicht fassen können, dass ihr neuer Boss eine Frau ist.

Unterhaltsam ist auch das Liebeswerben ihrer beiden ungleichen Verehrer. Zwischen Ottilie und dem smarten Baron Philipp von Brand zu Neidstein (Hannes Wegener) funkt es auf Anhieb.

Dagegen hat der blasse Alexander Graf zu Castell-Rüdenhausen (Johannes Zirner) kaum eine Chance. Doch der zwingt seinen Freund zum Verzicht. Ottilie wird erst später erfahren, warum Philipp nicht um ihre Hand angehalten hat.

"Geister ohne Fleisch und Blut"

Trotzdem beginnen für sie und Alexander nach der Heirat glückliche Zeiten. Für einen Dämpfer sorgt die Großmutter, die nach dem Tod Lothars die Geschäftsführung an Alexander überträgt. Wie tief das konservative Frauenbild bei den Frauen selbst verinnerlicht war, zeigt sich, wenn Bertha der Seniorchefin sagt: "Wir sind Geister ohne Fleisch und Blut und haben nicht gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen. Aber die Zeiten ändern sich."

Wie zum Beweis sieht man Ottilie dann im Charleston-Look auf einer Party bei ihrer Freundin, zu der sie im Streit mit Alexander geflüchtet ist. Nach dem Tod ihres dritten Kindes – der Sohn, den Alexander sich so gewünscht hatte –, geht es mit der Ehe rasant bergab. 

Während Johannes Zirner Alexander immer mehr als lächerliche Figur spielen muss, reift Ottilie endgültig zur modernen Frau heran, die sich nun auch zu ihrer großen Liebe Philipp bekennt.

Noch zwei Kinder wird sie bekommen, der Fronteinzug Alexanders im Ersten Weltkrieg eint die Familie noch einmal. Und weil der Krieg viel schrecklicher ist als Alexander gedacht hat, sieht er plötzlich ganz alt aus, während die Jahre an der schönen Ottilie spurlos vorbeigehen.

Der Rosenkrieg fällt kurz aus. Durch die Scheidung verliert Ottilie ihr ganzes Vermögen, die Kinder darf sie erst nach dem Tod Alexanders 1928 wiedersehen. Doch wenn sie im flirrenden Sonnenlicht mit Philipp in seiner schicken "Höllenmaschine" davonfährt, strahlt das Glück. Hach!

Der Film lief am Samstag, 14. September in der ARD. 

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