Nichts als Gespenster: Neues Buch von Daniel Kehlmann
07.11.2016, 13:42 Uhr![Autor Daniel Kehlmann veröffentlicht sein neue Erzählung "Du hättest gehen sollen". Autor Daniel Kehlmann veröffentlicht sein neue Erzählung "Du hättest gehen sollen".](https://images.nordbayern.de/image/contentid/policy:1.5602955:1507909604/KehlmannHIPPEL.jpg?f=16%3A9&h=816&m=FIT&w=1680&$p$f$h$m$w=c221ea5)
So wundert es nicht, dass Sigrid Löffler, Literaturkritikerin, bekannt aus dem alten literarischen Quartett, mit dem schmalen Buch von Kehlmann nichts anfangen kann: "Die Spiegel-Metapher ist vom vielen Gebrauch schon ganz ausgelaugt, die Einfälle sind schwächlich, der Plot überzeugt nicht, die Figuren sind leblos, ganz besonders die Ehefrau des Helden, eine 'schöne, berühmte, rätselhafte Schauspielerin', die auch noch 'einen Abschluss in Deutscher und Klassischer Philologie hat', ohne dadurch an Plastizität zu gewinnen." Das schrieb sie über Kehlmanns Buch beim Deutschlandradio Kultur – und verkennt damit die Klasse dieser Erzählung.
Kehlmann hat "Du hättest gehen sollen" in der Tradition des Magischen Realismus und der Horrorliteratur geschrieben, hier steht Horacio Quiroga neben Shirley Jackson, Roberto Bolaño neben Stephen King. Wobei es unfair ist, diese großen Namen über dieses kleine Buch zu hängen – es ist trotz alledem ein Werk des österreichisch-deutschen Autors.
![Nichts als Gespenster: Neues Buch von Daniel Kehlmann Nichts als Gespenster: Neues Buch von Daniel Kehlmann](https://images.nordbayern.de/image/contentid/policy:1.5602954:1507909597/kehlmann2.jpg?f=3%3A4&h=900&m=FIT&w=675&$p$f$h$m$w=81ccec0)
Kehlmann zieht sich auf die Erzählsituation eines Notizbuchs zurück, der Leser hält es mit "Du hättest gehen sollen" in den Händen. Versatzstücke eines Drehbuchs tauchen auf, dazwischen Tagebucheinträge und Bemerkungen des Erzählers. Und eben immer wieder Warnungen, die weder Leser noch Erzähler selbst verstehen können.
Hier gibt es eine Leseprobe zu "Du hättest gehen sollen".
Was stimmt: Kehlmanns Figuren bleiben dieses Mal ein wenig schwächlich, blass. Das braucht diese Geschichte jedoch. Ihre Umrisse flirren nur in der dunklen Atmosphäre, die sich mit jeder Seite mehr über diese Erzählung legt. Der Leser soll in die Gedanken des Erzählers abtauchen, sich in die gleiche Verlorenheit begeben. Bei so viel Egozentrik bleibt da wenig Platz für andere Charakterisierungen.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen