Nürnberg wird nicht Kulturhauptstadt: So reagiert die Kulturszene
13 Bilder 27.10.2020, 14:36 UhrMartin Rassau und Volker Heißmann, Comödie Fürth: Sehr schade, dass es nicht geklappt hat. Wir haben vor 30 Jahren mit unserer Kleinen Komödie Nürnberg alles getan, um den Weg zu bereiten - aber die Jury hat vermutlich keinen Humor. Fürth bewirbt sich trotzdem als Kulturhauptnachbarstadt 2025, und wir sind sicher, dass wir diesen Titel holen werden! © Stephan Kohler
Joana Mallwitz, Generalmusikdirektorin, Staatstheater Nürnberg: Ich bin über die Entscheidung der Jury zwar sehr enttäuscht, habe aber in den letzten gemeinsamen Monaten der Zusammenarbeit für die Bewerbung gemerkt, was in Nürnberg möglich ist und welch ein gemeinsamer Enthusiasmus für die Kultur entstanden ist. Das ist ja nicht verloren. Es gibt viele fantastische und zukunftsweisende Projekte, die wir mit dem gleichen Elan anpacken können und müssen, wie den Bau des neuen Konzerthauses, die Sanierung des Opernhauses und den Aufbau einer stadtverbundenen, belebten Interimsspielstätte für das Staatstheater. © Daniel Karmann, dpa
Jens-Daniel Herzog, Staatsintendant, Staatstheater Nürnberg: Die Impulse, die Nürnbergs Kulturleben durch die Bewerbung bekommen hat, sind wichtig und werden uns auch weiter begleiten. Schade, dass es nicht geklappt hat, aber es gibt in Nürnberg so viel Kunst und Kultur, dass wir immer Kulturhauptstadt sind, auch wenn wir den Titel nun nicht tragen dürfen. Wir haben unsere Stärken gezeigt und Wege in die Zukunft entworfen. Dafür hat sich die Bewerbung sehr gelohnt. © Roland Fengler
Holger Felten, Leiter der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg: Ich bin schon sehr enttäuscht. Ich hatte das Gefühl, Nürnberg wird's. Die Bewerbung war jedenfalls sehr gut. Nationalsozialismus bzw. Rechtsextremismus steht ja auch in Chemnitz auf der Tagesordnung, es ging also um eine ähnliche Thematik. Und Chemnitz hat es verdient, Gratulation! Allerdings hätte Nürnberg dieser Titel wahnsinnig gut getan. Wenn man ins Finale kommt, dann will man auch gewinnen. Es gab eine sehr gute Stimmung während der Bewerbung, so viel Respekt und Miteinander. Ich hoffe, es geht so weiter. © Michael Matejka
Jan Philipp Gloger, Schauspieldirektor, Staatstheater Nürnberg: Erstmal gratulieren wir Chemnitz zum verdienten Sieg. Schade, dass es nicht geklappt hat, aber die Vernetzung und Euphorie, die den Bewerbungsprozess getragen hat, wird als Mehrwert bleiben. Auch die geplanten Projekte verschwinden jetzt nicht einfach. So werden wir weiterhin alles dafür tun, dass Nürnberg zwar keine KulturHAUPTstadt aber doch eine Stadt der aufregenden, engagierten und weit über die Stadtgrenzen ausstrahlenden Kultur ist und noch mehr wird. Ihre Bescheidenheit steht der Stadt ja gut, aber wir dürfen selbstbewusst sein, wenn wir sehen, was alles möglich wäre und möglich ist in Nürnberg! © dpa
Goyo Montero, Ballettdirektor, Staatstheater Nürnberg: Ich gratuliere der Stadt Chemnitz, ihren Bürger*innen und allen Verantwortlichen herzlich zum Titel Kulturhauptstadt 2025! Dieser Titel birgt eine einzigartige Chance und Sie werden fraglos das Beste für Ihre Stadt und Region daraus machen. Für Nürnberg verstehe ich es keinesfalls als „Niederlage“, den Titel schlussendlich nicht geholt zu haben. Denn diese Stadt ist bereits einen weiten Weg gegangen – auch wenn es zur fränkischen Mentalität gehören mag, sich selbst zu unterschätzen. Die Bewerbung hat zweifellos dazu beigetragen, die moderne Nürnberger Stadtgesellschaft und ihr Selbstverständnis deutlich zu stärken - und diesen Weg werden wir gemeinsam fortsetzen. © Weigert
Thomas Eser, Leiter der städtischen Museen Nürnberg:
Die Enttäuschung sitzt überraschend tief, ich dachte, ich könnte das professioneller nehmen. Wenn wir uns in Nürnberg überhaupt etwas vorzuwerfen haben, dann vielleicht die am Schluss allzu große Siegesgewissheit. Auch ich war überzeugt, dass wir gewinnen, aber das zeigt im Grunde ja auch nur, mit welcher Inbrunst hier alle zugange waren. Unsere Bewerbung war professionell und sie so zu machen, war garantiert richtig. Alle Städte hatten unterschiedliche Profile, die Jury stand vor einer Grundsatzentscheidung – und hat Chemnitz gewählt.
© Jürgen Petzoldt
Norbert Treuheit, Ars Vivendi Verlag, Cadolzburg: Ich finde es schade, weil ich gehofft hatte, dass der Zuschlag auch der Literaturszene in Franken einen Kick geben würde und der Begeisterungsfunke, den es gegeben hätte, auch auf viele Literaten und Autoren übergesprungen wäre. Es hat aber auch etwas Gutes, dass nun eine ostdeutsche Stadt den Titel gewonnen hat. Denn sicher wird nicht nur Chemnitz kulturell davon profitieren, sondern ganz Ostdeutschland. Es weint jetzt zwar das fränkische Herz, aber man kann die Entscheidung nachvollziehen. © Florian Burghardt
Professor Lucius A. Hemmer, Intendant der Nürnberger Symphoniker:
Schade, schade, schade! Diesen Titel hätten wir uns alle von Herzen gewünscht. Jetzt heißt es aber, den gemeinsamen Schwung aus dem Bewerbungsprozess für die weitere Entwicklung der Stadt und des kulturellen Lebens zu nutzen. Also: Kurz mal ärgern, ab morgen aber wieder Kopf hoch und positiv in die Zukunft schauen. Wir haben noch viel vor!
© Eduard Weigert
Alexander Schräpler, Vorstand des Berufsverbands Bildende Künstlerinnen und Künstler Mittelfranken: Es ist natürlich enttäuschend, obwohl Chemnitz keine schlechte Wahl ist. Das Wichtigste ist, dass der Prozess weitergeführt wird, der für die Bewerbung angestoßen wurde. Es gab durchaus Versäumnisse in den vergangenen Jahren, die durch die Bewerbung ans Licht gekommen sind. Deshalb sollte die Kulturstrategie, die ja für die Stadt gedacht war, nicht nur für die Bewerbung, weitergeführt werden. Das hat Kulturbürgermeisterin Lehner auch angekündigt. Aber klar: Der Titel wäre schon die Krönung gewesen.
Pia Dornacher, Leiterin des Museums Lothar Fischer in Neumarkt: Ich bedauere das sehr. Nürnberg hätte es verdient. Auch für uns in der Metropolregion wäre das ganz, ganz wichtig gewesen. Und sehr aufregend. Es hätte die Region gestärkt und die Kultur, die durch Corona so in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Natürlich gratuliere ich auch Chemnitz zum Titel." © Berny Meyer
Andrea Maria Erl, künstlerische Leiterin des Kindertheater Mummpitz: Der Titel wäre eine Riesenchance gewesen für die Stadt und die gesamte Region. Die Verantwortlichen haben trotzdem einen großartigen Job gemacht. Oberbürgermeister Marcus König hat ja im Vorfeld gesagt, wenn wir es nicht werden, hieße das nicht, dass nicht mehr in Kunst und Kultur investiert wird. Da werden wir ihn beim Wort nehmen. Wir dürfen jetzt den Kopf nicht hängen lassen, schließlich ist auch im Laufe des Bewerbungsprozesses viel passiert, es wurden Netzwerke geknüpft, Bedarfe offengelegt, und es haben ja auch schon gute Projekte stattgefunden. Ich finde, gerade die Kinderkultur könnte jetzt ein Anker für die Gesellschaft werden, denn man kann nicht früh genug anfangen, mit Diskursen und Auseinandersetzungen Demokratiearbeit zu leisten. Und das ist gerade heute extrem wichtig. © Rudi Ott