Olga Peretyatko: "Ich bin keine Klischee-Opernsängerin"

30.1.2014, 16:00 Uhr
Olga Peretyatko:

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Frau Peretyatko, sind Sie sehr mit sich selbst beschäftigt?

Olga Peretyatko (irritiert): Wie meinen Sie das?

Ihre Kollegin Simone Kermes hat behauptet, Opernsängerinnen seien immerzu mit ihrer Stimme, ihrem Gesang, ihren Auftritten beschäftigt.

Peretyatko: Ich bin ein ganz normaler Mensch.

Dann sollte ich Sie vielleicht lieber nicht als Opernsängerin titulieren?

Peretyatko (lacht): Nennen Sie mich, wie Sie wollen – auf jeden Fall trage ich nicht ständig einen Schal, Klimaanlagen stören mich auch nicht weiter – sagen wir es so: Ich bin keine normale Klischee-Opernsängerin.

Was charakterisiert denn eine Klischee-Opernsängerin?

Peretyatko: Sie spricht vor der Vorstellung nicht, schreibt stattdessen ihre Worte auf kleine Kärtchen, trägt ständig einen Schal, und wenn jemand niest, dann entfernt sie sich schnell aus diesem Raum. Und natürlich trinkt sie keinen Alkohol und isst keine Nüsse: Das ist manchmal schon krank. Ich ziehe es vor, über all das nicht nachzudenken – das macht das Sängerleben sehr viel einfacher.

Und offenbar auch erfolgreich – man könnte sagen, dass Sie gerade richtig Karriere machen.

Peretyatko: Eigentlich mache ich alles so, wie ich es schon vor fünf Jahren gemacht habe. Ich versuche, mein Bestes zu geben, immer vorbereitet sowie nett zu Kollegen, Dirigenten und anderen Mitwirkenden zu sein. Und in Verbindung mit guten Kritiken, guter Gesundheit und wachem Verstand kann diese Karriere dann gern noch lange dauern (lacht).

Also doch Karriere…

Peretyatko: Nein, es ist ein Beruf wie alle anderen – vielleicht ein bisschen anders, eigenartig, manchmal auch komisch, aber es ist ein Job.

Trotzdem werden Sie bereits als Netrebko-Nachfolgerin gehandelt. Gefällt Ihnen das?

Peretyatko: Menschen werden gern mit anderen Menschen verglichen: Eine Schauspielerin etwa mit Audrey Hepburn, ich mit Anna Netrebko, und nun kommt eine neue Generation von Sängerinnen, die dann mit mir verglichen werden – ich kenne schon solche Fälle, die schreiben mir alle auf Facebook (lacht). Aber im Grunde ist es mir egal, was geschrieben wird, solange es kein Nekrolog ist.

Mit dem Erfolg steigt der Erwartungs-Druck. Wie begegnen Sie dem?

Peretyatko: Ich versuche einfach nicht daran zu denken. Malte ich mir etwa bei einer Live-Übertragung aus, wie viele Millionen Menschen mir zuschauen, würde mich das wahnsinnig machen. Auch wenn man natürlich gut vorbereitet sein soll, darf man all dies nicht zu ernst nehmen, sonst macht man sich kaputt.

Freude bereiten Ihnen ganz offenbar solche Potpourris wie jetzt in Fürth. Einen Teil dieser Arien haben Sie vergangenes Jahr mit den NDR-Sinfonikern für das Album „Arabesque“ eingesungen. Was gefällt Ihnen an solchen Programmen?

Peretyatko: Zum einen findet da jeder Zuhörer etwas für sich, zum anderen zeigt solch eine breite Mischung auch meine Stärke, denn ich bin ziemlich vielseitig, und das kann man auch auf diesem Album gut hören.

Ihre aktuelle Heimat ist der Belcanto, können Sie sich vorstellen, eines Tages auch in Bayreuth auf der Bühne zu stehen?

Peretyatko: Ehrlich gesagt: Nein – meine Wagner-Karriere hat mit den Rollen als Blumenmädchen und Waldvogel bereits ihr Ende gefunden (lacht).

Wagner reizt Sie also gar nicht?

Peretyatko: Ich möchte schon gern, aber es gibt genügend andere Herausforderungen – und warum sollte ich tun, was niemand von mir erwartet? Ich bleibe lieber beim Belcanto, bei Mozart und Richard Strauss, da gibt es Rollen genug.

Oder auch bei Bellini: Im April werden Sie an der Met die Elvira in „I Puritani“ singen, Ihr Mann Michele Mariotti wird dirigieren – ordnen Sie sich ihm gern unter?

Peretyatko: Als wir uns 2010 in Pesaro beim Rossini Opera Festival kennenlernten, da habe ich noch zynisch geunkt: Was ist denn das für ein junger Dirigent – auch wenn er älter ist als ich. Doch nach den ersten Proben war ich sprachlos, wie tiefgründig dieser Mensch ist – ein für sein Alter wirklich ungewöhnlich tiefsinniger und reicher Musiker.

Und deswegen lassen Sie sich von ihm auch gern führen?

Peretyatko: Er fragt mich ab und zu um Rat und umgekehrt – es ist schon eine sehr gute Zusammenarbeit. Daher freue ich mich sehr, dass er mein Debüt an der Met dirigieren wird. Mit ihm ist eine Produktion immer sehr angenehm, da er mit mir atmet – und zwar nicht nur mit mir, weil ich seine Frau bin, sondern mit jedem Sänger.

Derzeit weilt Ihr Mann in Chicago, während Sie in Europa sind. Hält die häufige Distanz die Liebe frisch?

Peretyatko: Auf jeden Fall ist es dadurch immer schön – das ist nicht das Problem, glauben Sie mir (lacht). Und wenn ich keine Lust mehr auf diese ewigen Trennungen habe, werde ich schwanger und für ein Jahr aussetzen, nur Hausfrau sein und meinem Mann folgen.


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