Seminar im Babylon-Kino: Thule schmilzt, Tuvalu versinkt
26.4.2017, 10:00 UhrThule in Grönland ist der am nördlichsten bewohnte Ort der Welt. Tuvalu ist ein Inselstaat im Pazifik nahe des Äquators. Trotz der mehr als 11 000 Kilometer, die die beiden Regionen voneinander trennen, sind sie – wie im Filmtitel – miteinander verbunden: Denn während in Thule das Eis schmilzt, versinkt Tuvalu im Ozean.
Eine Klasse der Nürnberger Mesale-Fachoberschule hat sich zu dem Kino-Seminar im Babylon-Kino in Fürth eingefunden. Bevor in dem kleinen Saal das Licht ausgeht, werden die Schüler dazu aufgefordert, dem Thema und dessen Umsetzung kritisch zu begegnen, aber vor allem: sich auf den Film einzulassen.
Darauf einlassen muss man sich allemal, denn "ThuleTuvalu" zeigt dieses komplexe Thema auf eine ungewohnte, simple Weise. Der Schweizer Regisseur Matthias von Gunten verzichtet bewusst auf Zahlen, Diagramme und Experten. Er zeigt das Leben auf diesen zwei kleinen Fleckchen Erde anhand einheimischer Familien. Statt dem für Dokumentarfilme üblichen erklärenden Voice-over lässt er seine Protagonisten zu Wort kommen und gibt ihnen nur Untertitel.
Einschub Klimakonferenz
Bis auf einen kurzen Einblick in die Klimakonferenz in Kopenhagen 2009 konzentriert sich der Film nicht auf die große Weltpolitik, sondern bleibt bei seinen Hauptfiguren. Doch dieser kurze Einschub macht vieles deutlich: Bei der Klimakonferenz einigen sich die UN-Länder darauf, dass sie die Erderwärmung auf zwei Grad beschränken wollen. Nur Tuvalu wehrt sich dagegen, da schon zwei Grad den sicheren Untergang für den Inselstaat bedeuten würden. Allerdings hat ein so kleiner Staat nichts auszurichten in der internationalen Politik, so dass der Präsident dennoch unterschreibt.
Die Menschen in Thule und auf Tuvalu haben gelernt, mit und in der Natur zu leben. Ihr gemeinsames Schicksal kann man mit wenigen Worten zusammenfassen: Der Klimawandel ist schon heute spürbar. Gerade die Menschen, die den geringsten Anteil an der Erderwärmung haben, sind am stärksten betroffen.
Das Eis in Thule geht zurück. Die Zeitspanne, in der die Bewohner jagen gehen können, wird immer kürzer. Auf Tuvalu bedroht der steigende Meeresspiegel ebenfalls die Existenz der Leute. Die dortigen Süßwasservorkommen sind so versalzt, dass für viele Inseln mittlerweile das Trinkwasser angeliefert wird. Einige Bewohner sind gezwungen, ihre Inseln zu verlassen.
Positive Reaktionen
Nach knapp 100 Minuten geht das Licht wieder an und Thorsten Peters vom Institut für Geographie an der Erlanger Uni steht den Fachoberschülern als Experte Rede und Antwort. Doch erst mal gibt es Feedback zum Film, das überwiegend positiv ausfällt. Zum Nachdenken regt der Film auf jeden Fall an, da sind sich alle einig. Indem er die Schicksale zweier Familien zeigt, setzt er auf Emotionen bei den Zuschauern.
"Ich fand es krass, dass manche Inselbewohner gezwungen waren umzuziehen", sagt die 20-jährige Nina. Die enormen Auswirkungen auf die Menschen und ihr Leben haben die Schüler beeindruckt. Thorsten Peters macht allerdings noch mal deutlich: "Der Film zeigt bewusst zwei Extreme für die Folgen des Klimawandels. Jedoch lässt er den Einfluss des Menschen auf die Umwelt außer Acht."
Klimawandel hat es schon immer gegeben, doch der Mensch greift in die Systeme der Natur ein, ohne sie zu verstehen und beschleunigt den Wandel. Auf die Frage, ob man den Klimawandel stoppen kann, gibt Peters eine klare Antwort: "Es geht nur darum, ihn zu verlangsamen und die Konsequenzen zu vermindern. Die eigentliche Frage ist: Wie groß soll die Klimakatastrophe werden, mittelgroß oder schwerwiegend?"
"Was kann ich tun?", fragen Jugendliche. Der Experte sagt: "Der Klimawandel ist ein globales Problem, dessen Lösung aus vielen einzelnen Bausteinen besteht. Jeder kann was tun, doch auch die Politik muss einen Beitrag leisten." Das perfekte Negativbeispiel sieht man in den USA, wo Präsident Trump die Kohleindustrie wieder groß machen will. Hier steht, wie oft, die Wirtschaft und nicht der Umweltschutz im Vordergrund.
Auf www.thuletuvalu.com findet man den Filmtrailer.
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