Spalter Madonna geht auf große Reise
8.7.2014, 19:56 UhrMartin Luther hatte in Kurfürst Friedrich III. von Sachsen einen mächtigen Beschützer. Doch zwischen ihnen bestand kein persönlicher Kontakt. Als Mittelsmann diente Georg Spalatin (1484-1545). Dem Gelehrten und Reformator ist im Residenzschloss Altenburgs eine Sonderschau gewidmet. Sie umfasst rund 300 historische Dokumente und Objekte, darunter zwei Porträtgemälde, die Lucas Cranach der Ältere von Spalatin anfertigte.
Als Kulturbotschafterin aus Franken wurde nun die fast 500 Jahre alte „Spalter-Madonna“ wohl verpackt auf die Reise nach Altenburg in Thüringen geschickt. Die 60 Zentimeter hohe Figur kam 1519 als Geschenk Georg Spalatins aus der Wittenberger Heilstums- Sammlung in die Spalter Kirche St. Emeram. Hier hat die Marienfigur mit dem Jesuskind auf dem Arm ihren Platz normalerweise auf einer Marmorsäule. Während ihrer Abwesenheit erinnert nun ein Bild an die verliehene Kostbarkeit.
Der im fränkischen Städtchen Spalt bei Nürnberg geborene Georg Burkhardt nannte sich seit 1503 Spalatin. Ab 1510 erarbeitete er im Auftrag Friedrichs III. (1463–1525), „der Weise“ genannt, die Chronik des kurfürstlich-sächsischen Hauses. Das Monumentalwerk blieb unvollendet. Gleichwohl ist das Hinterlassene beeindruckend. Die drei ausgestellten Bände wurden 1515 und 1516 abgeschlossen. Mitarbeiter aus der Werkstatt Lucas Cranachs haben die Prachtwälzer mit 1800 Illustrationen ausgestattet.
Zum kurfürstlichen Geheimsekretär, Hofprediger und einflussreichen Rat in kirchlichen Angelegenheiten aufgestiegen, war Spalatin insbesondere mit der „Luthersache“ betraut. Als „Mittelsmann“ zwischen Luther (1486–1546) und Friedrich dem Weisen hat er den Verlauf der Reformation bedeutend mitbeeinflusst. Zwischen Spalatin und Luther entwickelte sich ein reger Briefverkehr. Aus dem geht hervor, dass Spalatin über alle Schritte Luthers informiert war und die kursächsische Diplomatie in der Angelegenheit des von Kirchenbann und Reichsacht bedrohten Reformators koordinierte.
Als am Abend vor Luthers Abreise vom Wormser Reichstag 1521 der Plan aufkam, ihn eine Zeitlang zu verbergen und auf der Wartburg dem Zugriff seiner Gegner zu entziehen, gehörte Spalatin zu den wenigen Eingeweihten. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die beiden ausgestellten Briefe Luthers von 1522, in denen er Spalatin um die Beschaffung von Edelsteinen als Anschauungsmaterial für die Übersetzung der Offenbarung des Johannes und um Mitarbeit an der Bibelübertragung ins Deutsche bittet.
Nach dem Tod Friedrichs des Weisen 1525 wurde Spalatin evangelischer Oberpfarrer in Altenburg, heiratete und hatte mit Ehefrau Katharina zwei Töchter. Den sächsischen Kurfürsten Johann dem Beständigen (1468–1532) und Johann Friedrich dem Großmütigen (1503–1554) blieb er als Berater und Visitator eng verbunden. Als Mitglied der vierköpfigen Visitationskommission überprüfte er in den Landen der sächsischen Kurfürsten die Lehrbefähigung und sittliche Einstellung der evangelischen Pfarrer und traf Regelungen zur finanziellen Ausstattung der Pfarreien. Damit trug er entscheidend zur Schaffung der evangelischen Landeskirche bei.
In der St. Bartholomäikirche – Spalatins Wirkungsstätte in Altenburg – ist eine Dauerausstellung neu eingerichtet worden. Sie informiert über die Geschichte der Reformation und Spalatins Lebensstationen. Beim Altar ist Spalatins Grabplatte in den Fliesenboden eingelassen. Das Grab aber musste er bereits nach 40 Jahren räumen. Seine Gebeine sind verschollen. Überliefert sind jedoch Georg Spalatins selbstbewusste Worte: „Wenn ich nicht gewesen wäre, nimmer wäre es mit Luthero und seiner Lehr so weit gekommen.“
Die Sonderschau läuft bis 2. November im Residenzschloss Altenburg, Di.–So. 9.30–17 Uhr.
Der Katalog kostet 29 Euro.
Info-Tel.: 0 34 47/ 51 27 12
Internet: www.spalatin-2014.de
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