Steve Earle verbeugt sich vor Townes van Zandt
30.11.2009, 00:00 UhrSein neues Album «Townes« ist eine Hommage an seinen langjährigen Freund Townes Van Zandt. Van Zandt ist für nicht wenige Menschen einer der größten Songschreiber überhaupt, für Steve Earle gar der allergrößte. «Und ich werde mich mit meinen Stiefeln auf Bob Dylans Wohnzimmertisch stellen, um das zu sagen!«, wird er gerne zitiert. Die Parallelen zwischen Earle und Van Zandt sind genauso mannigfaltig wie offensichtlich: Die tiefe Erdung in der amerikanischen Country-, Blues-, und Folk-Tradition, der unstete Lebenswandel, der mäßige kommerzielle Erfolg, die dunkle Poesie der Texte (die in Earles Fall allerdings wesentlich politischer sind), das ernste Alkohol- und Drogenproblem.
Earle geht es bei seinem Tribut nicht um eine Neu-Interpretation des umfangreichen Song-Katalogs seines 1996 verstorbenen Kumpels, sondern darum, dem verkannten Genie die Ehre und Bekanntheit zu verschaffen, die es in seinen Augen verdient. Im Gegensatz zu Van Zandt ist Steve Earle eine bärige Erscheinung - eine Äußerlichkeit, die sich auch stimmlich manifestiert: Wo Townes mit heller, biegsamer, manchmal etwas nöliger Stimme sang, brummelt Steve mit rauer Stimmfülle und gedehntem Texas-Slang.
Klassiker und Anekdoten
Dabei hält er sich nah an die Originale: Townes-Klassiker wie «Pancho and Lefty«, das düstere «Maria«, den Blues «Brandnew Companian« oder das sehnsüchtige «To live is to fly« mixt er mit eigenen Songs wie dem rockigen «Copperhead Road«. Dazwischen gibt’s Anekdoten aus den gemeinsamen wilden Jahren, wie die, als Townes als einer von sechs Zuhörern bei einem von Earles Club-Gigs beharrlich dazwischen krakelte.
Heute dagegen singen viele im Publikum ganze Textpassagen mit. So ist Steve Earle diesmal nicht der wütende, politisch ambitionierte Country-Rocker, sondern der Reiseführer auf einem unsentimentalen, rustikalen Trip durch das amerikanische Herzland, mit all seinen ergreifenden Geschichten von enttäuschter Liebe und schaler Hoffnung, von kurzen Freuden und der stetigen Suche nach etwas, was es vielleicht gar nicht gibt. Townes hat seine Ruhe – Steve sucht weiter.