"Tatort" aus Frankfurt: Neue Besen kehren nicht sofort gut

17.5.2015, 21:45 Uhr

© HR/Benjamin Knabe

Weil Joachim Król den eigenbrötlerischen und versoffenen Kommissar Frank Steier nicht mehr spielen wollte, war der Hessische Rundfunk dazu gezwungen, für Ersatz zu sorgen. Den fand er nach Króls packendem Abgang im Februar, in dem er sich ein fesselndes Kammerspiel mit Armin Rode lieferte, in Wolfram Koch und Margarita Broich.

Koch, in Paris geboren, mimt mit Paul Brix ein zuvor bei der Frankfurter Sitte arbeitendes Nachtschattengewächs, das aus nicht erläuterten Gründen zur Untermiete bei Freundin Fanny wohnt. Ebenso wenig klar ist, ob zwischen den beiden etwas läuft oder zumindest mal gelaufen ist. Auffallend liebevoll kümmert die Gärtnerin sich um den leicht ergrauten Mitbewohner und brüht ihm regelmäßig schwarzen Kaffee auf, weil der doch morgens so schwer in die Gänge kommt. Hilft das alles nichts, greift die Rothaarige schon mal zum Megaphon.

Brix' Partnerin stellt Margarita Broich dar, eine aus Berlin herbeibestellte, ehemalige psychologische Beraterin der Hauptstadtpolizei. Eigentlich sollte die Figur den Namen Selma Jacobi, einer von den Nazis verschleppten Jüdin, tragen. Nach reifer Überlegung kam man allerdings zu dem Entschluss, die Kommissarin Anna Janneke zu taufen. Dass die Drehbuchautoren ihren Cops keinerlei unsympathische Züge ins Skrip gekritzelt haben, kann man gar nicht glauben, ist aber so. Sowohl Brix, als auch Janneke sind zwei durchweg freundliche Gestalten, die gerne Tee teilen und für den anderen unter den Tisch kriechen, um das Telefon im neuen Büro in die Steckdose zu stecken. Büro geht eben auch anders Herr Stromberg.

Mordfall in guter Frankfurter Lage

Einzig allein Kommissariatsleiter Riefenstahl (Roeland Wiesnekker) - leider kein schlechter Witz, der heißt im Film wirklich so - könnte man, wenn man denn will, eine gewisse bärbeißige Art zusprechen. Zu Beginn, als alle drei in dessen Biedermeierbüro beisammensitzen und einander beschnuppern macht der aus seiner Abneigung über das ihm frisch unterstellte Cop-Duett keinen Hehl und will die erfahrenen Profiler zunächst mit langweiliger Telefonarbeit abspeisen. Doch auch Riefenstahl muss schnell erkennen, dass seine neuen Untergebenen wahrlich herzerwärmende Kripobeamte sind, die vegetarische Pizza mit ihm teilen. Als dann mal das frisch in Betrieb genommene Telefongerät einen ersten Laut von sich gibt, ruft auch schon die Arbeit.

Schluss mit Donuts essen. Brix und Janneke werden zu einem Mordfall gerufen, der sich in einem freistehendem Haus in guter Frankfurter Lage ereignet hat. Vati, Mutti, Sohnemann. Alle mit einer Waffe offenkundig humorlos niedergestreckt. Der Gärtner wars ebenso wenig wie der Nachbarsjunge, der früher mal ein Auge auf Jule, die hübsche Tochter, geworfen hatte. Die scheint nun ebenso wie vom Erdboden verschluckt wie Nachhilfelehrerin Miranda.

Sie stöbern die Cops letztendlich in der Scheune des vor Jahren verstorbenen Großvaters auf. Von einem vermeintlichen Entführer, der die Mädchen in den Heuboden gesperrt haben muss, fehlt jede Spur. Von einer logischen Handlung ebenso. Nicht nur die sich redlich mühenden Ermittler sehen sich immer mehr offenen Fragen ausgeliefert. Auch der Zuschauer fasst sich zusehends an die Stirn und möchte bereits den Zeigefinger in Richtung Fernbedienung bewegen. Da flutet Onkel Martin (Roman Knizka), Notfallmediziner von Beruf, mit seiner Erscheinung den Raum. Ausdrucksstark trachtet dieser seiner Ehefrau Silke (Carina Wiese), Schwester der ermordeten Familienmutter, nach dem routinemäßig durchgeführten Liebesspiel nach dem Leben.

"Kälter als der Tod" ist eine biedere Angelegenheit

Warum? Weil die Olle ihren Alten bei den Bullen verpfeifen will. Der war's zwar nicht, hat aber kein Alibi und nebenbei ein Schäferstündchen im Bordell zu beichten. Den Rest des Films, bis hin zum Showdown, in dem eine weit in der Vergangenheit erfolgte Kindesmisshandlung ans Tageslicht kommt und schließlich als Tatmotiv herhalten muss, zieht der wild gewordene Doc alle Blicke auf sich und sorgt so für ein Rest an Unterhaltung.

"Kälter als der Tod" ist eine insgesamt eher biedere Angelegenheit. Wie ein Menü aus der Großkantine. Kann man schon mal essen, aber richtig satt beziehungsweise richtig zufrieden stellt einen das nicht. Da helfen auch die paar schöne Schnitte nicht. Schade eigentlich, denn irgendwie hätte man sich für die netten Akteure gefreut, wenn der Plot etwas mehr hergegeben hätte. Das Schauspielerensemble macht nämlich durchaus den Eindruck, dass es mit einem anspruchsvolleren Skript zurandegekommen wäre.

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