Urban Hüter gewinnt NN-Kunstpreis
16.7.2019, 11:30 UhrUrban Hüters sanft rotierende Kupferskulptur markiert gleich zum Auftakt der Ausstellung einen Aufbruch hin zu neuen künstlerischen Positionen. Fast tänzerisch ranken sich an einer langen, an der Decke befestigten Stange fantastische Krabbelwesen aus allerlei Schrauben, Rädchen, Gewinden und Spielzeugformen empor - Trabanten gleich, die sich von der unten hängenden (Erd-)Kugel wegbewegen. Auf augenzwinkernde Weise unterzieht Hüter die Produkte unserer technik- und spielverliebten Gesellschaft hier einer poetischen Metamorphose.
Sein großes malerisches Talent beweist einmal mehr der erst 25-jährige Simon Kellermann, der bereits 2017 mit einem Sonderpreis des im vergangenen Jahr verstorbenen Verlegers und Preisstifters Bruno Schnell auszeichnet wurde. Kellermann fesselt erneut mit einem Großporträt. Diesmal ist sein eigenes Gesicht, schlammbedeckt, durchaus ein bisschen eklig, aber von einer solchen Lebensechtheit und malerischen Virtuosität, dass man es fasziniert betrachtet.
Ebenfalls mit einem Selbstporträt konnte André Debus die Jury unter Leitung der Nürnberger Kulturreferentin Julia Lehner überzeugen. Anders als Kellermann zeigt Debus sein versehrtes Antlitz in schonungsloser Offenheit, mit einem fast fotografischen Realismus und ringt seinem blutigen Mund sogar ein leises Lächeln ab. Den Grund für die Verletzung erfährt man nicht - ob er sich geprügelt hat oder einen Unfall erlitt. Doch sieht man sofort, dass es keine Maskerade ist, sondern ehrliches Dokument einer schmerzhaften Erfahrung.
Über weitere Preise in Höhe von jeweils 2000 Euro dürfen sich Jürgen Durner, Alexander Ivanovski, Susanne Jost, Dashdemed Sampil sowie das Künstlerduo Anders Möhl und Claudia Schulz freuen. Letztere setzen mit ihrer Gemeinschaftsarbeit "Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich..." einen ganz neuen Akzent in der Ausstellungsgeschichte des NN-Kunstpreises.
Erzählen vom Scheitern
Witzig und frech zeugt ihr "Stammbaum" aus kleinen gerahmten Text- und Bildtafeln von einer überbordenden Fantasie und Lust am Absurden. Dabei erzählen Möhls satirische Cartoons und die hinreißend tragikomischen Texte von Schulz allesamt vom Scheitern. Das heimelige Setting mit Tapetenwand und Gummibaum wirkt wie eine Einladung zum Verweilen, der man unbedingt folgen sollte. Vor allem Schulz’ Texte sind kleine Perlen über die Sonderbarkeiten des Daseins – egal in welcher Existenzform.
Ein großes Lob gebührt auch den Ausstellungsmachern Petra Weigle und Jan Gemeinhardt, denen eine ebenso spannende wie stimmige Inszenierung gelungen ist, in der sich die jungen und die bestens bekannten Künstler aus drei Generationen auf Augenhöhe begegnen.
Zu sehen ist die Ausstellung - bei freiem Eintritt - im Kunsthaus im Nürnberger Künstlerhaus (Königstr. 93) bis 1. September (Di.–So. 10–18, Mi. bis 20 Uhr). Führungen (5 Euro) gibt es jeden Sonntag um 16 Uhr. Der Katalog kostet 15 Euro.
1 Kommentar
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen