Vorhang auf für neue Medien

1.6.2015, 12:20 Uhr
Vorhang auf für neue Medien

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Die neu gewählte Präsidentin des Deutschen Bühnenvereins will den Blick der Politik für die soziale Funktion der Theater schärfen. Barbara Kisseler sagte zum Schluss der Jahreshauptversammlung des Verbands in Potsdam: „Theater sind schon lange nicht mehr eine moralische Anstalt des gehobenen Bildungsbürgertums, sondern ein sozialer Ort, wo sich Multiplikatoren und gesellschaftliche Gruppen präsentieren können.“

Die 65-jährige Kisseler, die auch Hamburger Kultursenatorin ist, will sich insbesondere für eine ausreichende Finanzierung der Theater und Orchester einsetzen. „Trotz ihrer unabweisbaren Bedeutung für unsere Gesellschaft sind die Theater immer wieder von anhaltenden Budgetkürzungen bedroht“, sagte Kisseler. Die Häuser seien aber auf die notwendigen Mittel für Tarifsteigerungen und Sanierungsmaßnahmen angewiesen.

Gesellschaftlicher Diskurs

„Die Theater in Deutschland stoßen Debatten an, spiegeln gesellschaftliche Realitäten, geben Orientierung und sind damit wichtige Orte des gesellschaftlichen Diskurses“, sagte die neue Bühnenvereins-Präsidentin. Kisseler gilt als durchsetzungsstark und hat dies zuletzt beim Millionenprojekt Elbphilharmonie bewiesen, die nun nach zahlreichen Pannen Anfang 2017 eröffnet werden soll.

Sie ist als Nachfolgerin von Klaus Zehelein gewählt worden, der das Amt zwölf Jahre lang innehatte. Die Theater müssten sich noch mehr nach Außen öffnen, forderte Kisseler. „Wir brauchen neue Bündnisse mit der Wirtschaft, Sozialpolitik und Bildungspolitik.“ Dabei könnten die Häuser nicht darauf warten, dass etwa Schulklassen auf das Theater zukämen, sondern müssten selbst Schülerprojekte initiieren. „Es gibt bei den jungen Menschen ein großes Interesse, mal als Star auf der Bühne zu stehen“, meinte die Präsidentin. Dies könne man auch positiver nutzen, anders, als dies manchmal in der Unterhaltungsindustrie geschehe.

Kisseler genießt einen hervorragenden Ruf und ist ausgezeichnet vernetzt. In der Kulturverwaltung hat sie ihr gesamtes berufliches Leben zugebracht. Nach dem Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft in Köln leitete sie zunächst das Kulturamt in Hilden, dann in Düsseldorf. 1993 wurde Kisseler zur Abteilungsleiterin für Kultur im niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur berufen.

Zehn Jahre später wechselte sie als Staatssekretärin für Kultur nach Berlin. Als erste Frau stieg sie im Herbst 2006 an die Spitze der Berliner Senatskanzlei unter dem damaligen Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) auf.

In Hamburg holte sie Stardirigent Kent Nagano als Nachfolger von Simone Young an die Elbe, verlängerte den Vertrag von Ballettintendant John Neumeier (73) und sicherte zugleich sein Erbe für Hamburg. Ihr größter Coup war jedoch – gemeinsam mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) – die Einigung mit dem Baukonzern Hochtief beim Millionenprojekt Elbphilharmonie.

Die rund 250 Intendanten und Direktoren diskutierten auf ihrer Tagung auch über eine stärkere Präsenz im Netz. „Dabei geht es nicht nur um Live-Streams von großen Aufführungen, sondern auch um spezielle Angebote nur für das Netz, mit denen wir neues Interesse auch für die Theater gewinnen können“, sagte der Direktor des Bühnenvereins, Rolf Bolwin. Er hofft auf einen ähnlichen Effekt wie in der Popmusik. „Da sorgen die Clips im Netz für eine Renaissance der Live-Konzerte.“

www.buehnenverein.de

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