Wanderung durch das Leben
22.1.2018, 14:15 UhrWie gesagt, mit der Idee und dem Konzept geht der Kammersänger schon viele Jahre schwanger: Die Wanderung als Symbol für die Veränderung, die sich oft als die einzige Konstante in unserem Leben erweist. "Alle sieben Jahre verändern wir uns nachhaltig, sagt man. Und ich glaube, da ist etwas dran", meint Kupfer.
Sein Lieder-Wanderer ist nicht jener unglücklich Liebende, der die Winterreise antritt oder vergeblich der Schönen Müllerin nachjagt. "Ich möchte eher von einem Lebenszyklus sprechen, den wir in sieben Stationen Revue passieren lassen: Aufbruch, Suche, Liebe, Enttäuschung, Aufbegehren, Depression und Neuanfang."
Da geht es also nicht in erster Linie um den Weg von A nach B, sondern auch mal kreisrund zu. Eine Nummernparade soll das Liedprogramm jedenfalls nicht werden, sondern ein thematisch stringenter Gang durch Seelenzustände. "Thematisch focussierte Liedprogramme sind derzeit sehr angesagt", hat der Sänger festgestellt. Zusammen mit seinem Klavierpartner Marcelo Amaral hat Kupfer hunderte von Liedern zu der Wander- Thematik gefunden. "Die Schwierigkeit war die Reduktion. Irgendwann landeten wir bei 35. Nun sind es endgültig 24 Lieder geworden."
Inspiriert von Redl-Bildern
Klar, dass man da an Franz Schubert, Richard Strauss, Robert Schumann, Gustav Mahler oder Hugo Wolf nicht vorbei kommt, aber genauso sind auch Alban Berg, Wilhelm Kienzl, den man heute fast nur noch als Schöpfer der schwülstigen Oper "Der Evangelimann" kennt, oder der von Kupfer besonders gepflegte Hans Sommer vertreten. Seit einiger Zeit arbeitet der Sänger an einer CD-Edition des Braunschweiger Romantikers.
Und das Ganze eingepasst in einen theatralen Bühnencorpus, in Bauten und Projektionsflächen für Videos (Boris Brinkmann). Große Inspirationen verdankt Kupfer auch den Gemälden Ernst Redls (1943–2010), der in seinen Mehrschichtbilder sowohl mit Techniken alter Meister arbeitete als auch fotorealistische Naturimpressionen erfand. Sie sollen die im Gesang beschriebenen Stimmungen vertiefen helfen. Der Sänger hatte den Maler, der die letzten zwanzig Jahre seines Lebens in Nürnberg verbrachte, noch persönlich kennengelernt.
Hat Kupfer eine Erklärung dafür, dass es die Liedkunst im klassischen Konzertbetrieb derzeit eher schwer hat? "Am Publikum liegt es nicht. Das ist begeistert und kommt sehr gerne. Das beweisen unser ,Liedgut‘-Termine ganz gut. Ich glaube, es stirbt gerade eine Generation von Veranstaltern weg, die den Mut hat, das Kunstlied in eine neue Zeit zu transformieren."
Und genau da hinein, in diesen Freiraum, möchte Kupfer mit seiner szenischen Adaption stoßen, die er gerne auch anderswo präsentieren würde. "Wir stehen schon in Verhandlungen", unterstreicht der Sänger. Erwogen wird etwa ein Gastspiel im viel gerühmten Konzerthaus seines Baritonkollegen Thomas E. Bauer in Blaibach im Bayerischen Wald.
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