Mega-Erfolg für Horror-Trip

Warum alle über die Netflix-Serie "Squid Game" sprechen

13.10.2021, 11:42 Uhr
Wie weit würde ich für Geld gehen? Diese Frage wirft die Serie "Squid Game" auf.

© YOUNGKYU PARK/Netflix/dpa Wie weit würde ich für Geld gehen? Diese Frage wirft die Serie "Squid Game" auf.

"Squid Game" auf allen Kanälen. Sogar in den Börsennachrichten! Das riesige Publikum der Netflix-Serie überrennt nämlich aktuell Sprach-Online-Dienste, um Koreanisch zu lernen. So vermeldete etwa der US-Anbieter „Duolingo“ deutlich mehr Nutzer – was prompt den Wert der Aktie nach oben bewegte. Es ist nur eine von vielen Meldungen rund um den Erfolg der südkoreanischen Serie.

111 Millionen Fans

Im Internet finden sich bereits zahlreiche Erklärstücke zu "Squid Game", selbst bei der renommierten New York Times (zu Themen wie Umrechnungskursen der südkoreanischen Währung Won in Euro). Denn immerhin hat sich die Produktion zur erfolgreichsten Serie des Streamingdienstes entwickelt. Am Mittwoch gab Netflix über Twitter bekannt: "Squid Game hat offiziell 111 Millionen Fans erreicht – und ist damit unser größter Serienstart aller Zeiten!"

"Squid Game" erreichte die Zuschauerzahl in nur 27 Tagen seit der Premiere am 17. September. Der vorherige Rekordhalter war das britische Kostümdrama "Bridgerton" gewesen, das ab Dezember 2020 in den ersten 28 Tagen von 82 Millionen Zuschauern gestreamt worden war.

Auch deutsche Medien haben "Squid Game" seit ein paar Tagen für sich entdeckt und liefern eine Meldung nach der anderen, die Texte angereichert mit Kaskaden von Adjektiven wie: brutal, blutig und schockierend. Was so nicht ganz stimmt. Aber den Reiz der Serie verstärkt.

In Geldnöten

Doch das Werk von Regisseur Hwang Dong-hyuk kommt weder brutaler noch blutiger daher als viele Horrorfilme für ein breites Publikum. Wer "Don’t Breathe" oder "A Quiet Place" aushält, wird hier keine großen Schockmomente finden. Und auch die Geschichte von "Squid Game" ist nicht wirklich neu: Oberflächlich gesehen geht es um Menschen in Geldnöten, die sich auf einen zwielichtigen Deal einlassen, um ihren Kontostand wieder ins Plus zu bekommen. Wer scheitert, zahlt mit dem Leben. Wer gewinnt, wird ausgezahlt. All das darf an den Film "Battle Royale" erinnern – und ein paar Ecken weiter gedacht an "Saw" oder "Cube".

Hauptfigur in „Squid Game“ ist Seong Gi-hun. Er hat Spielschulden, seine Mutter muss eine teure Klinik-Behandlung bezahlen und seine Tochter soll mit ihrer neuen Familie in die USA auswandern, wenn er sein Leben nicht auf die Reihe bekommt. So weit, so plump. Und natürlich unterzeichnet Seong Gi-hun den unheilvollen Pakt mit seinem eigenen Blut. So kommt er als einer von 456 Teilnehmern auf einer Insel an.

Systemkritik

Dort müssen sie verschiedene Kinderspiele absolvieren. Wer am Ende übrigbleibt, kann sich über einen satten Gewinn freuen. Überhaupt: Geld ist so allgegenwärtig in dieser Serie, dass sich die kapitalismus- und systemkritische Interpretation förmlich aufdrängt. Dabei machen den Erfolg von "Squid Game" gerade eben jene Mechanismen aus.

Da wäre zuerst einmal der Algorithmus von Netflix, der die Serie seinen Nutzern als Empfehlung aufs Auge drückte. Die grelle und bunte Welt tat ihr Übriges, damit genug Szenen der Serie es als Memes, Bilder und Videos auf Twitter, Facebook und TikTok schafften. Die völlig überzeichnete Darstellung der Figuren lässt zudem keinerlei Ambivalenz mehr zu. Was ist, ist.

Das macht "Squid Game" zum perfekten Material fürs Binge Watching (nur echt mit Smartphone in der Hand, um über die Serie gleich in den sozialen Medien zu schreiben). Daneben kommt bei jedem Spiel die Frage auf, ob man es wohl selbst geschafft hätte. Die Medien befeuern die Aufmerksamkeit zusätzlich – wie dieser Artikel auch.

Wahnsinnig spannend

Doch davon abgesehen, ist "Squid Game" einfach wahnsinnig spannend geschrieben. Und selbst Seong Gi-hun ist in all seiner Überzeichnung ein interessanter Charakter. Obwohl manche Dinge etwas zu deutlich und absehbar sind.

Beim US-Unternehmen Netflix dürften sie sich auf jeden Fall über den so großen Erfolg von "Squid Game" freuen, nachdem mit "Stranger Things" eine der großen Cash Cows mit der vierten Staffel erst im nächsten Jahr erscheint – entgegen der Erwartung vieler Fans. Ob "Squid Game" noch eine weitere Staffel bekommt, ist übrigens offen. Falls es so kommt, es wäre nur eine weitere Nicht-Überraschung zu dieser Serie.

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