Eigenes Festival im Sommer
Wilde Pilze aus Franken: Die Mars Mushrooms aus Adelmannsdorf sind "Botschafter des Jamrock"
29.1.2024, 15:40 UhrDer Bandname ist Programm: Mars wie der Planet, Mushrooms = Pilze. Beides in Kombination beamt in andere Sphären, doch das schaffen die Rocker aus Franken auch mit ihrem Sound. Die gute Nachricht: Nach 25 Jahren ist das Pulver noch nicht verschossen.
Eine Rockband so lange am Laufen zu halten – gut, die Rolling Stones lächeln da müde. Doch für viele Kapellen, die nicht von der Musik leben, ist es eine Herausforderung, das Feuer über so eine lange Strecke am Brennen zu halten. Auf ein Vierteljahrhundert gemeinsames Musikmachen in fast unveränderter Bandbesetzung können auch die Mars Mushrooms aus Adelmannsdorf im Landkreis Ansbach zurückblicken – alte Bekannte in der regionalen Musikszene, von denen nun neue Streiche anstehen.
Als die Truppe im Jahr 2000 bei der NN-Rockbühne antrat, dem Nachwuchs-Bandwettbewerb der Nürnberger Nachrichten, waren die Musikanten noch auf der Suche nach ihrem Sound. Wenig später hatten sie ihn gefunden: Jamrock. Eine hippieske, reichlich nischige Variante der Stromgitarrenmusik US-amerikanischer Prägung, mit Einflüssen aus Psychedelic Rock und Krautrock. Die über weite Strecken instrumental gehaltenen Stücke ufern oft und gerne aus, Improvisation ist ein zentrales Stilmittel.
Bekannteste Vertreter dieser Spielart weltweit dürften The Grateful Dead aus San Francisco sein und – ein paar Jahrzehnte jünger – Phish aus Vermont, die zumindest in den Staaten große Hallen und Arenen füll(t)en. Hierzulande ist der Jamband-Kult tiefster Untergrund, weshalb sich die Mars Mushrooms selbst als "the european ambassadors of jamrock" ("die europäischen Botschafter des Jamrock") sehen und schön die Fahne hochhalten mit ihrem eigenwilligen, aber doch stets nachvollziehbaren und vor allem auch tanzbaren Rock-Entwurf.
Die selbstgewählte Schublade der Mars Mushrooms lautet: "Jamkraut"
Weil ihnen die gängigen Schubladen "Jamrock" und "Post-Krautrock" irgendwann zu simpel waren für ihre eigene, doch eher ungewöhnliche Musik, tauften die MM ihren Sound irgendwann "Jamkraut" - zusammengesetzt aus "Jamband-Musik" und dem Begriff "Krautrock" für westdeutsche Bands der 70er Jahre wie Kraftwerk, Can, Neu!, Kraan und Amon Düül II (das fränkische Sauerkraut mag bei den Mars Mushrooms darüber hinaus Pate gestanden haben).
Nachzuhören ist all dies etwa auf ihrem aktuellen Album "Deep Beneath The Woods", das die Mars Mushrooms zusammen mit der befreundeten Hamburger Band Pelagic Zone – Brüdern im Geiste – veröffentlicht haben: unter der Überschrift Marslagic Shroomzone. "Der schrecklichste Bandname, den du dir vorstellen kannst, aber im Ergebnis einfach lustig", sagt Sänger und Bassist Christoph von der Heide, der betont, dass es sich dabei wirklich nur um ein Spaßprojekt handelt und nicht um irgendeinen Versuch, mit dieser Kollaboration irgendetwas zu reißen.
Mars Mushrooms starten ihr eigenes kleines Sommer-Open-Air
Auf drei Alben aufgeteilt kommt der Live-Mitschnitt insgesamt auf satte sieben(!) Stunden Spielzeit, weshalb es die Platte diesmal nur digital via Bandcamp zu erwerben gibt. Die eine Band fängt an, irgendwann übernimmt die andere und spielt fertig. In der Mitte stehen beide Gruppen neun Musiker hoch auf der Bühne, improvisieren munter im Kollektiv und treiben die Nummer gemeinschaftlich voran.
Diese "Jamband Odyssey"-Begegnung kann man diesen Sommer noch einmal auf dem "Jamkraut"-Festival erleben, dem bandeigenen Sommer-Open-Air der Mars Mushrooms.
Denn das erfährt 2024 eine Neuauflage: Termin ist am 21./22. Juni 2024 in Adelmannsdorf bei Wolframs-Eschenbach, wo die Musikanten aufgewachsen sind. Gefeiert wird in einem Garten mit befreundeten, gleichgesinnten Musikgruppen wie Cats & Breakkies, Kayam, Jo Aldingers Downbeatclub. Erwartet werden wieder rund 200 Besucher. Die Gastgeber stehen selbstverständlich auch wieder höchstselbst auf der Bühne.
Wer nicht bis zum Sommer warten will: Am Freitag, 2. Februar 2024, gastiert die Band in der Kofferfabrik Fürth.
Legendäre Musikkneipe "Weißes Ross" ist heute das Hauptquartier
Auch wenn die Band inzwischen über ganz Deutschland verstreut lebt – Franken ist immer noch der Mittelpunkt. Der Proberaum in Adelmannsdorf ist Geschichte, wenn man sich heute trifft, dann meistens in der Musikkneipe "Weißes Ross" in Immeldorf bei Ansbach, wo man sich unterm Dach auch mal für eine ganze Woche einmietet, um gemeinsam Musik zu machen.
"Man freut sich über jeden Gig, der zustande kommt. Und wenn mal einer nicht zustande kommt, ist das auch okay. Hauptsache, wir machen weiterhin spannende Musik und trinken zusammen Bier, so wie gute Freunde das eben tun", sagt Christoph von der Heide. Und Gitarrist und Sänger Michael Schmidt fügt hinzu: "Mittlerweile ist es das tiefe Vertrauen in die gemeinsam entwickelte musikalische Sprache, das uns auf der Bühne verbindet und unseren Sound ausmacht. So 'unterhalten' wir uns mit unseren Instrumenten, 'sagen' manchmal alle dasselbe oder 'sprechen' phasenweise wild durcheinander, bis sich der gemeinsame rote Faden des 'Gesprächs' wieder findet. Diese Gespräche können manchmal ziemlich lange dauern, weil natürlich jeder von uns wahnsinnig viel zu erzählen hat. Vielleicht ist das aber auch nur so, weil wir uns gar nicht so oft sehen ..."
Am Freitag, 2. Februar 2024, sind die Mars Mushrooms ab 21.30 Uhr in der Kofferfabrik Fürth live und ohne doppelten Boden zugange.
Das "Jamkraut"-Festival steigt am 21. und 22. Juni 2024 in Adelmannsdorf bei Wolframs-Eschenbach.
Infos: www.marsmushrooms.de und www.jamkraut.de
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