Zum Jubiläum ein heiteres Liebeskarussell
24.6.2016, 18:41 UhrEr ist der Repräsentant deutscher Spielopern mit all den liebevoll-volkstümlichen Mixturen. Man fühlt sein devotes Verhältnis zu W. A. Mozart, sein verschämtes Liebäugeln mit den Franzosen und seine innige Beziehung zum Lied. Lang ist’s her, dass man sich in Nürnberg der 1828 aus der Taufe gehobenen heiteren Oper „Hans Sachs“ nach dem Libretto von Lortzing-Freund Philipp Reger annahm. Das geschah unter anderem l950 in einer Aufnahme in der Besetzung mit Karl Schmitt-Walter, Friederike Sailer, Albert Vogler und Karl Mikorey. Max Loy stand am Pult.
Wer Albert Lortzing inszenieren will, kann graue Haare bekommen. Wie wäre dem Repräsentanten deutscher Spielopern beizukommen? Soll man es wie bei Konwitschny im komödiantischen Gebälk krachen lassen und alles auf einen gallebitteren, sarkastisch spitzen Ton stimmen? Wie auch immer. Um Regie-Getöse braucht sich der Hans-Sachs-Chor bei Lortzings Volksoper in drei Akten keine Sorgen zu machen. Denn die wird im Serenadenhof in gekürzter Fassung konzertant dargeboten.
Figuren? Eher Typen!
In der akkurat von Guido Johannes Rumstadt einstudierten Wiedergabe wird glaubhaft, dass Lortzing hier über eine vergröbernd typisierte Rollenanlage kaum hinausgelangt. Trotzdem wetterleuchten bereits Vorahnungen auf Wagner, so beim Tanz der Lehrbuben oder bei der musikalischen Kontur des David, wie sie sich bei Lortzing in der ersten Arie beim Vorgänger Görg abzeichnet.
Die Handlung führt zunächst zum Schusterjungen Görg (Dino Lüthy), der wohltönend Verse von seinem Meister Hans Sachs verwendet, um damit seiner Liebsten Kordula zu imponieren. Sachs will die Goldschmiedstochter Kunigunde heiraten, doch mit dem Augsburger Ratsherren Hesse hat er einen starken Rivalen, den der Goldschmied Steffen im Bestreben, Bürgermeister zu werden, als Schwiegersohn bevorzugt. Als Kaiser Maximilian (exzellent Carl Rumstadt) Nürnberg besucht, spielt man ihm die bei Sachs entwendeten Verse in die Hand. Ratsherr Hesse will sich damit brüsten und gibt vor, der Autor zu sein. Doch beim Vortrag versagt er kläglich und verliert des Kaisers Wohlwollen, ebenso das Vertrauen des inzwischen zum Bürgermeister ernannten Goldschmieds Steffen.
Der für den Komponisten typische musikalische Konversationsstil findet im Hans-Sachs-Chor, bei handverlesenen Solisten und Nürnbergs Symphonikern inspirierende Protagonisten. So entwickelt sich ein Spiel voller Leichtigkeit und Witz. Fein, wie Lortzing mit dem Silberstift zeichnet ohne auf kantige Töne zu verzichten. Im trefflich einstudierten Ensemble kommuniziert augenzwinkernd Martin Berner in der Prachtfigur des Hans Sachs. Aufgrund eines Komplotts wird Sachs unter Mithilfe des aufgeblasenen Augsburger Ratsherren Eoban Hesse von den Stadtoberen zwar verbannt, später als wahrer Dichter anerkannt und in seine Bürgerrechte eingesetzt.
Die liebreizende Katrin Adel als Kunigunde führt eine edle Sopranstimme vor. Lena Fleck schlüpft in die Rolle der Kordula, der Geliebten des Schusterjungen Görg. Sie steigt beeindruckend in tief gelegene Register hinab. Man hört ein gut durch modelliertes Ensemble, das die Komödientunke sogar als „Zeit- und Umbruchssignal“ ahnen lässt. Bernd Hofmann gibt als Goldschmied mit substanzvoller Bassstimme den Bürgermeister, während Eoban Hesse (Martin Nyvall) bereits als „Vorfigur“ von Wagners Beckmesser intrigiert.
Schlussendlich führt Hans Sachs als gefeierter Meistersinger seine Kunigunde zum Altar. Der prächtig einstudierte Hans-Sachs-Chor statuiert ein Exempel, wie Herzlichkeit, Einfalt, Witz in diesem Verwirrspiel zu zünden vermögen. Und da lassen sich schon so manche gesellschaftliche Bezüge dingfest machen, wenn der Himmel in der vormärzlichen Zeit über die Komödie gespannt wird. Herzlicher Beifall belohnte die Sänger und Sängerinnen.
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