Zwischen Geborgenheit und Kälte

5.10.2011, 00:00 Uhr
Zwischen Geborgenheit und Kälte

© Eduard Weigert

Heimat kann etwas äußerst kuscheliges sein – oder etwas ganz kaltes. Wie gegensätzlich das Verständnis des Begriffes ist, sieht der Besucher bereits, bevor er die zwei Ausstellungsräume im „Prisma“ in der Rothenburger Straße betritt. Draußen im lichtdurchfluteten Wintergarten steht einerseits Klaus „Leo“ Drechsels selbstgebautes stacheliges Nest aus Stahl, das mit viel flauschiger Wolle ausgelegt ist. Und in das sich der Büchenbacher Künstler auch selbst hineinsetzt (eigentlich wollte er es groß genug machen, damit seine Familie mit reinpasst — doch die weigerte sich).

Andererseits kühlt im Außenbereich Johannes L.M. Kochs Skulptur „Kalte Heimat“ vor sich hin: Dabei entsteht ein Mensch aus Eis, der sich mit Hilfe eines in die Säule eingebauten Kälteaggregats je nach Temperatur und Wettereinfluss verändert.

56 Künstler hat die Jury des BBK Nürnberg-Mittelfranken ausgewählt. Die Vorstände Frank Hegewald und Walter Hettich berichten, dass sich die Wahl eines Mottos für die Jahresausstellung bewährt hat: „Einige Künstler fertigen dann direkt für die Ausstellung Arbeiten an“, sagt Hettich.

Heimat sei außerdem ein aktuelles und wichtiges Thema, auch im Hinblick auf die Integrationsdebatte. 230 Mitglieder zählt die berufsständische Vertretung derzeit. Das älteste, Konrad Ehmann, wird im Dezember 92 und ist ebenfalls in der Schau vertreten, mit dem Bild „Kartoffelernte im Knoblauchsland“.

Nicht bei allen Werken erschließt sich der Bezug zum Motto auf den ersten Blick. Manche ziehen den Betrachter aber auch sofort hinein ins Thema - wie etwa Kathrin Hausels Gemälde „Holy“, das sie, ihren Mann und ihre zwei Kinder in einem ganz intimen Augenblick zeigt: Geborgen und aneinandergeschmiegt im Bett liegend, irgendwo zwischen Wachsein und Schlaf. In diesem zärtlichen Moment wird auch deutlich, wie fragil Heimat sein kann und wie schmerzlich ihr Verlust ist.

Fast schon wissenschaftlich geht dagegen Irmingard Beirle an die Sache heran. Ein Jahr lang hat die Performance-Künstlerin Menschen gebeten, ihren Heimatbegriff zu formulieren und in ein Buch zu schreiben. „Dazu fällt wirklich jedem etwas ein“, sagt sie. Einige der Zitate hat die Schnaittacherin auf Acrylplatten gedruckt und diese dann auf mannshohen Holzstelen angebracht. Heimat, so erfährt man da, kann manchmal auch so etwas Banales wie ein Schäuferle sein.

„Heimat“, bis 30. Oktober, Prisma, Rothenburger Straße 9-11, Do.-Sa. 16-18, Sa. 14-18 Uhr
 

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