Nicht wasserfest
10.5.2015, 13:00 UhrSteins Grundschulrektorin Gabriele Klenk wandte sich hilfesuchend an die Stadtspitze. Der sichere Schwimmunterricht in den dritten und vierten Klassen sei immer schwieriger zu gewährleisten, denn unter den Grundschülern in Stein gibt es mehr und mehr Nichtschwimmer. Zwei Lehrerinnen, die Mädchen und Jungen in das Palm Beach begleiten und sie dort unterrichten sollen, reichen einfach nicht aus. Es gibt in den Klassen zu viele Kinder, denen jede Grundkenntnis fehlt.
Bei der Stadt Stein fiel das Anliegen von Rektorin Klenk auf fruchtbaren Boden. Sie bekam folgendes Angebot: Zusätzliche Schwimmtrainer sollten die Lehrkräfte unterstützen. 2000 Euro gewährt die Kommune, um es zu ermöglichen, die Kinder in dieser Grundfertigkeit zu unterrichten.
Glückliches Großhabersdorf
Weit weg von solchen Sorgen ist man in Großhabersdorf. Schulleiterin Ulrike Zauner-Bubeck ist sich sicher, dass am Ende der Grundschulzeit alle ihre Schützlinge schwimmen können. Allerdings gehen die Großhabersdorfer mit besten Voraussetzungen in den Schwimmunterricht: Von 40 Kindern, schätzt Rektorin Zauner-Bubeck, können etwa acht nicht schwimmen. Nach dem Unterricht im Hallenbad Dietenhofen haben am Ende der vierten Klasse alle die Fähigkeit, sich zumindest ganz gut ein Stück über Wasser zu halten. „Natürlich gibt es immer die Ängstlicheren und Forscheren“, räumt die Pädagogin ein, aber am Ende haben alle ein Stück Sicherheit hinzugewonnen.
Der Schwimmunterricht muss entfallen, heißt es schon seit den Weihnachtsferien in Zirndorf. Das Bibertbad, in dessen Halle die Sportstunden normalerweise stattfinden, ist bekanntlich geschlossen. Hans-Georg Schulz, Schulleiter der Grundschule an der Geisleithenstraße, hat aber die Tendenz beobachtet, dass immer mehr Kinder gar nicht schwimmen können. Grob geschätzt rechnet er damit, dass zu Beginn der dritten Klasse, die Hälfte zu den Nichtschwimmern zählt oder sich gerade eben einige wenige Züge über Wasser halten können, die andere Hälfte seien hingegen passable Schwimmer. Noch aber ist das Problem nicht an ihn herangetragen worden, dass zwei Lehrerinnen für den Unterricht im Bad nicht ausreichen würden.
Die Beobachtungen, die Schulleiter Schulz macht, stimmen auch mit denen der örtlichen DLRG Zirndorf überein. „Immer mehr Kinder durchlaufen die ersten beiden Schulklassen, ohne auch nur Grundfertigkeiten im Schwimmen zu haben“, sagt Gerald Kraft, technischer Leiter bei der DLRG. Dabei erwarte die Schule, dass Kinder ab der dritten Klasse schwimmen können, meint er. Der Ortsverband Zirndorf trägt seinen Teil dazu bei und unterrichtet die Anfänger, Mädchen und Jungen von fünf bis sechs Jahren. Wie Kraft anmerkt, momentan mit Einschränkungen wegen der Schließung der Schwimmhallen des Bibertbades, weshalb sich eine Warteliste für die Kurse gebildet hat. Michael Förster von der Verbandskommunikation der DLRG Bayern zählt mehrere Gründe auf, weshalb es heutzutage nicht selbstverständlich ist, schwimmen zu können: Immer häufiger stammen Familien aus Kulturkreisen, in denen ein öffentliches Bad unbekannt ist. Ein Freizeitvergnügen, das die Eltern dann auch in Deutschland nicht mit ihren Kindern nutzen. Auch sei zu beobachten, dass manche Väter und Mütter ihr Kind nicht langsam an das Element Wasser heranführen. Wer nie gelernt hat, wie toll das Planschen am Uferrand eines Sees sein kann, ist im Sportunterricht skeptisch, wenn er plötzlich ins kühle Nass soll. „Wer ängstlich ist, tut sich mit dem Schwimmen lernen schwer“, sagt Förster.
Hinzu komme noch die spezielle Problematik strenger muslimischer Familien: Mädchen und Jungen beim gemeinsamen Schwimmunterricht, das sei nach ihren Vorstellungen nicht erlaubt.
Nach Erkenntnissen der DLRG besitzen nach dem Verlassen der Grundschule immerhin rund 70 Prozent
der Kinder das Seepferdchenabzeichen. Den Trugschluss, ihr Kind sei jetzt sicher im Becken oder am Baggersee, ziehen so manche Eltern. Doch das Seepferdchen bestätigt nur, dass sich das Kind einmal 25 Meter über Wasser halten konnte. Erst wer das Deutsche Jugendschwimmabzeichen abgelegt hat, darf als sicherer Schwimmer gelten. Ein Ziel, das alle haben sollten, Eltern, Schule und Vereine, wie der Zirndorfer Gerald Kraft betont.
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