500 Mark für die Jugend mussten reichen
16.04.2013, 13:00 Uhr
Der KJR wurde zwar schon vor 66 Jahren aus der Taufe gehoben, führte aber zunächst eher ein Schattendasein. Er wurde von Sportvereinen und kirchlichen Organisationen dominiert, die naturgemäß nur eine auf ihre Interessen ausgerichtete Jugendarbeit praktizierten, oder was damals für Jugendarbeit gehalten wurde. Welchen Stellenwert die hatte, zeigt der Etat, der für das Jahr 1978 ursprünglich angesetzt war: 500 Mark.
Doch vor 35 Jahren kam die Wende, die die Entwicklung einleitete, die ein heute als Selbstverständlichkeit gesehenes breit aufgestelltes Angebot mit sich brachte. Das war damals aber, man muss es zugeben, eine von der CSU betriebene Parteisache. In der Jungen Union hatten seinerzeit drei Nachwuchspolitiker das Sagen, die nicht angetreten waren, Strohfeuer anzuzünden. Vorsitzender des Stadtverbandes Neumarkt war Helmut Lahner, heute CSU-Fraktionsvorsitzender im Neumarkter Stadtrat und Rektor der Knabenrealschule, Kreisvorsitzender Ludwig Fürst, der sich als Unternehmer in Windkraft einen Namen gemacht hat. Jeweils Stellvertreter war Alois Karl, heute Bundestagsabgeordneter der CSU.
Halb im Ernst, halb im Spaß sagt Alois Karl im Gespräch mit den Neumarkter Nachrichten: „Ich wollte auch Vorsitzender werden.“ Da boten sich die Neuwahlen des Vorstands beim Kreisjugendring an. Die gingen am 21. April 1978 über die Bühne und beendeten die Ära des Sportfunktionärs Karl Gantner. „Ein ehrenhafter Mann“, sagt Alois Karl, „aber er ging damals schon auf die 70 zu. In dem Alter bist du schon weit weg von dem, was die Jugend bewegt.“
Allerdings, das muss man Gantner hoch anrechnen: Als er vor der Wahl 1978 seinen Rechenschaftsbericht ablegte, forderte er erneut ein pädagogisch geführtes Jugendzentrum für die Große Kreisstadt Neumarkt und einen Jugendpfleger, Einrichtungen also, die erst Alois Karl später als Oberbürgermeister umsetzte.
Der 27-Jährige, damals Rechtsreferendar, erzielte bei der Wahl zum ersten Vorsitzenden des Kreisjugendrings ein klares Ergebnis. Auf ihn entfielen 25 der 34 gültigen Stimmen, Karl Gantner bekam neun.
Das war sehr enttäuschend für Gantner und er lehnte deshalb eine Kandidatur als Stellvertreter ab. Das wurde wieder, ohne Gegenkandidaten, der Kaplan der Hofpfarrei, Leodegar Karg.
Wer Alois Karl kennt, weiß, dass sein Ehrgeiz nicht schon befriedigt ist, wenn er ein Amt bekommen hat. Er wollte den Kreisjugendring nach vorne bringen. Mit einem Jahresetat von 500 Mark ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen. So führte ihn einer seiner ersten Wege als neugewählter Vorsitzender ins Büro von Landrat Josef Werner Bauer. Es dauerte nicht lang und der Landkreis bewilligte dem KJR einen Etat von 10000 Mark, wenig später waren es schon 20000 Mark. Damit ließ sich dann schon eher was anfangen.
„Von unseren Nachbarn in Roth haben wir uns den Ferienpass abgeschaut“, erzählt Karl. 1979 gab es den erstmals in Neumarkt. Drei Fahrten wurden damals angeboten: Nach Weltenburg und an den Donaudurchbruch, ins Kinderland nach Plech und nach Nürnberg mit Tiergarten und Burg.
Heiterer Zwischenfall
Beim Ausflug in die Noris hatte der Club der modernen Hausfrauen unter der Leitung von Sybille Böse die Aufsicht über die Kinder übernommen, weiß Karl noch von einem heiteren Zwischenfall. Den „modernen Hausfrauen“ waren zwei Bürschchen durch die Lappen gegangen. Als KJR-Vorsitzender Alois Karl, der damals in Nürnberg arbeitete, auf der Burg zu den Neumarkter Damen stieß, bekamen die gerade Besuch von der Polizei. Aus dem Streifenwagen stiegen die zwei Knaben, die bislang noch niemand vermisst hatte.
Trotz solch kleiner Anlassschwierigkeiten wurde der Ferienpass eine Erfolgsgeschichte. 1984 wurden schon 31 Fahrten angeboten. Es gab mit diesem Ausweis kostenlosen Eintritt in diverse Freibäder und verbilligte Tickets für Tiergarten Nürnberg, Geiselwind oder Schloss Turn.
In den Anfangszeiten ohne Geschäftsführer und Büro wie heute musste auch an der Spitze des KJR gelegentlich improvisiert werden, erinnert sich Karl. Als er mal dringend etwas mit seinem Stellvertreter besprechen musste, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich in der Heilig-Kreuz-Kirche vorzudrängeln und die Angelegenheit mit Kaplan Karg im Beichtstuhl auszudiskutieren.
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