Anschlag trübt Vorfreude auf neue Moschee in Neumarkt

10.1.2015, 17:00 Uhr
Anschlag trübt Vorfreude auf neue Moschee in Neumarkt

© Günter Distler

Die Freitagspredigt in den deutschen Ditib-Moscheen stand ganz unter dem Eindruck der Ereignisse von Paris: „Ein Koran lesender Heuchler ist wie Basilikum: Es hat einen schönen Geruch, aber sein Geschmack ist bitter.“

Noch deutlicher wurde der Dachverband der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion e. V. (Ditib). Umgehend verurteilte er den Terroranschlag auf die Redaktion des Satiremagazins Charlie Hebdo aufs Schärfste und bewertet ihn als „Angriff auf die Menschheit“, als „niederträchtig und absolut inakzeptabel“.

Die Stellungnahme, die tiefe Betroffenheit ausdrückt, würden auch Irfan Soykurt und die anderen Vorstandsmitglieder des Neumarkter Ditib-Vereins voll und ganz unterschreiben. Das Entsetzen ist Imam Sezai Yilmaz ins Gesicht geschrieben: „Der Islam ist eine Friedensreligion“, betont er. Und: „Der Anschlag ist die größte Strafe für uns.“

Komische Blicke

Denn auch für die Muslime hierzulande dürfte nun der Rechtfertigungsdruck weiter steigen. „Man wird gelegentlich schon mal auf der Straße komisch angeschaut, bloß weil man eine dunklere Haut und einen Bart hat“, erzählt Emrah Aydin von Ditib Neumarkt.

Seine Meinung zu Pegida und Konsorten: „Dahinter steckt einfach Ausländerfeindlichkeit, die sich zu allererst an den Muslimen abreagiert.“

In Neumarkt hingegen, versichert Irfan Soykurt, sei das Verhältnis der Religionen heute so freundlich und friedlich wie nie zuvor. „Ich fühle mich absolut wohl hier“, sagt der Vorsitzende des Kulturvereins. Die meisten Nachkommen der „Gastarbeiter“ seien heimisch geworden, wollen hier leben und - man erinnere an die muslimische Begräbnisstätte in Wolfstein - auch sterben.

Deshalb die Einladung an alle Neumarkter und Interessierte: „Sie sind alle jederzeit herzlich willkommen in unserer neuen Moschee.“ Obwohl noch im Rohbau, ist das neue Gemeindehaus an der Dreichlingerstraße, gegenüber dem Elektrizitätswerk, schon jetzt eindrucksvoll. Erst Ende Juni wurde der Grundstein für das dreigeschossige Gebäude mit einer Nutzfläche von rund 1100 Quadratmetern gelegt - und schon im November das Dach gedeckt. Viel Eigenleistung und Unterstützung der benachbarten Ditib-Vereine steckten in dem Bau, sagt Soykurt. Die Gesamtkosten wurden auf 900.000 Euro veranschlagt.

Herzstück ist der 200 Quadratmeter große Gebetsraum im ersten Stock. Maximal 250 Personen werden hier bei Bedarf Platz finden. Auf drei Säulen aus Sichtbeton ruht die Frauenempore, direkt unter dem offenen Dachstuhl. Auch von der Straßen aus gut sichtbar ist die Ausbuchtung des „Mihrab“: Die Gebetsnische ist genau auf Mekka ausgerichtet.

Unter dem Gebetsraum befindet sich ein großer Saal für Veranstaltungen, hier ist auch Gastronomie geplant. Zwei Jugendräume schließen sich an. „Wenn das fertig ist, können sich hier alle alles anschauen“, sagt Irfan Soykurt. „Unsere Tür steht für jeden offen.“

11 Kommentare