Bauboom macht Gewerkschaft in Neumarkt nicht überflüssig

29.12.2018, 11:56 Uhr
Bauboom macht Gewerkschaft in Neumarkt nicht überflüssig

© Foto: Helmut Sturm

Der Neumarkter Bauarbeiter-Treff zum Jahresende hat sich zu einer festen Institution in der Region entwickelt. Trotz Vollbeschäftigung und Hochkonjunktur gibt es für die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) der Themen viele – oder gerade deswegen.

Der Hauptredner des Bauarbeiter-Treffens 2018 war Carsten Burckhardt vom DGB. Vier Themen nahm er sich besonders vor.

Bau-Boom und Fachkräftemangel: Die Bauwirtschaft steuert auch 2018 wieder auf ein Rekordjahr zu – die Branche brummt. Davon profitiert die Oberpfalz und besonders die Region Neumarkt mit den überregional agierenden Firmen Bögl und Klebl. Trotz der Grenzöffnung nach Osten wird es auch hier immer schwieriger bis unmöglich, genügend gut ausgebildete Facharbeiter zu finden.

Knapp am Streik vorbei

Tarifrunde Bau: Mehrfach standen die Verhandlungen für Deutschlands 780 000 Bauarbeiter vor dem Scheitern und ein Streik schien kaum noch vermeidbar. Am Ende entschied eine Schlichtung 5,7 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten und 65 Euro im Monat mehr für die Auszubildenden.

Wie kam es dazu? Was waren die Knackpunkte in der Tarifrunde? Darüber berichtete IG-BAU-Bundesvorstandsmitglied Carsten Burckhardt, der hautnah bei den Verhandlungen dabei war. Weiterhin berichtete er darüber, was auf den Baustellen der Oberpfalz 2019 anders wird.

Bau und Politik: Großes Thema war die Frage, was die Politik dazu beitragen kann, dass es bei den Kontrollen gegen die Schwarzarbeit, bei der öffentlichen Vergabe von Bauaufträgen oder bei der Geltung von Tarifverträgen in der Branche fair zugeht. Welche Rahmenbedingungen können Kommunal-, Landes- und die Bundes-politik dazu leisten?

Wohnungsbau: München, Nürnberg, Augsburg, Ingolstadt — nicht nur in Bayerns Großstädten sind die Mieten in den vergangenen Jahren explodiert. Auch in der Oberpfalz dreht sich die Miet-Spirale nach oben. Bundesweit fehlen Millionen bezahlbare Wohnungen. Dazu stand die Frage im Raum: Kann die Branche schnell genug bauen, um den Wohnungsmarkt zu entspannen?

Vize-Landrat Helmut Himmler sprach vom Brief eines amerikanischen Milliardärs an seinen Freund. Dieser Brief endete mit dem Satz: "Ich sehe hinter all dem obszönen Reichtum Weniger und der daraus entstehenden Armut Vieler eine Mistgabel – ein Sinnbild für Umsturz und Widerstand." "Wir haben", so Himmler, "unsere unübertroffen faire Soziale Marktwirtschaft gegen das dümmste Wirtschaftssystem der Welt, das Amerikanische, eingetauscht. Es basiert auf der nackten Gier nach noch mehr Geld." Gewerkschaftliche Arbeit sei heute wichtiger denn je.

"Ich wünsche mir", sagte Gertrud Heßlinger in Vertretung des Oberbürgrmeisters, "dass der Beruf des Bauarbeiters wieder als das gesehen wird, was er ist, als unersetzlich. Wir brauchen nicht nur Studierte, wir brauchen auch Männer und Frauen, die körperlich arbeiten und dafür anständig entlohnt werden." Dem stillen Wunsch des Einladenden kam Stadtrat Ferndinand Ernst nach und verzichtete auf ein weiteres Grußwort.

Aus der philosophischen Sicht eines jungen Mannes sah Linken-Vorsitzender Tobias Emmerling die Gewerkschaften als einen wesentlichen "Pfeiler des Widerstandes". Wie ein roter Faden zog sich die Wertung und Einschätzung aller Grußredner durch deren Beiträge: "Wir brauchen starke Gewerkschaften – niemals waren sie wichtiger als heute."

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