Bischof Weiss verabschiedete sich in Neumarkt
25.2.2019, 14:59 UhrEtwa 500 000 Kilometer ist er in den 15 Jahren seiner Amtszeit durch die Oberpfalz, durch Nieder- und Oberbayern gefahren. Auch mal auf "rauen Wegen", wie Hans-Martin Weiss in seiner Predigt sagt. Reisen seien auch ein großes Thema in der Bibel. Als Schüler habe er im Religionsunterricht, "wenn mir mal langweilig war", den Landkartenteil aufgeschlagen und sich in die Reiserouten der Apostel vertieft. Landkarten faszinieren ihn. Und auch im Predigttext geht es um Paulus, der nach Europa gerufen wird, um dort Jesu Botschaft weiterzutragen.
Er kommt über Samothrake und Neapolis nach Philippi und tauft als erste Europäerin Lydia, eine reiche Purpurhändlerin. "Auf gut bayerisch: eine Großkopfete", so Weiss. Auch wenn man erwartet hätte, als erstes sei ein Sklave oder ein Arbeiter getauft worden. Doch so wirke die Botschaft, sie sei wirklich für alle da.
Er wolle nun noch einmal das tun, was ihm "wichtige und heilsame Aufgabe" gewesen sei, und Gottesdienst feiern, das Wort Gottes weitergeben. An das Dekanat Neumarkt hat er viele schöne Erinnerungen, in Sulzbürg von der Anhöhe aus in die Landschaft zu schauen sei wunderbar und zeige die richtige Richtung an: "Das Leben nehmen als fröhliches Geschenk."
In besonders guter Erinnerung an das gute Miteinander sei ihm ein Abend, als er sich vor einem Vortrag ein paar Bratwürste im katholischen Vereinshaus hat schmecken lassen "als mittelfränkischer Metzgersenkel mit lutherischem Humor": Die Leute hätten ihn begrüßt, eine besonders schöne Reminiszenz für Weiss. Sein Herz sei oft froh gewesen, wenn es hierher kam, "nicht immer, das wissen Sie", sagte er. Aber auch da habe sich bis heute viel geklärt.
Die Sanierung des Kapuzinerklosters sei ein wunderschönes Projekt, vielleicht das schönste in den 15 Jahren, meinte Weiss. Auch die Vorfreude auf die Kirchenrenovierung sei mit Händen zu greifen.
Gott sei das Licht der Welt, sagt Dekanin Christiane Murner. Oberkirchenrat Hans-Martin Weiss habe dieses Licht reichlich weitergegeben, werde das auch in Zukunft tun, auch wenn er sich erst einmal ein Sabbatjahr verordnet hat.
Weiss nimmt in der Predigt darauf Bezug, er merke, dass seine Gesundheit ihm Grenzen aufzeige, die respektiere er. Und er freut sich, ",wieder neben meiner Frau Irmi im Gottesdienst auf der Bank zu sitzen und zu singen." Denn die Musik bedeutet ihm viel, sein Vater, sein Großvater und sein Urgroßvater waren alle Kantoren. Er hat die Liedauswahl mit Dekanin Murner übernommen und sich ausdrücklich "Herr, dein Wort, die edle Gabe" gewünscht.
Für den feierlichen Rahmen des Gottesdiensts und des Gesangs sorgte der Bezirksposaunenchor unter der Leitung von Michael Seitz – so schwungvoll und klanggewaltig, dass vorn am Altar die Kerzenflammen waagrecht standen, wie Murner bemerkte – und Dekanatskantorin Beatrice Höhn an der Orgel. Viele Weggefährten waren in die Christuskirche gekommen. Pfarrer Martin Hermann empfindet Weiss als "aufrechten Lutheraner mit Humor", fühlt sich ihm durch diese Einstellung verbunden. Weiss habe sich nicht vom Mainstream beeinflussen lassen, sondern eine klare theologische Linie vertreten.
Den einzelnen Pfarrern sehr zugewandt, so hat Pfarrer Tobias Schäfer aus Sulzkirchen den Regionalbischof erlebt, "einen, der immer ein offenes Ohr hatte". Auch Anita Winter aus Hofen kam nach Neumarkt, sie war 24 Jahre lang Kirchenvorsteherin und als Vertrauensfrau regelmäßig mit Weiss in Kontakt. Als das Dach der Schlosskirche in Sulzbürg fertig war, feierte die Gemeinde ein Fest, lud Weiss ein und er kam. Die menschliche Ebene habe einfach gepasst. "Man konnte ihm alles anvertrauen." Etwas, das auch Ruth Bernreiter. Jugendreferentin und in Bachhausen Kirchenvorsteherin, so erlebt hat.
Der amtierende Landrat Willbald Gailler dankte für Weiss‘ Wirken und lud ihn ein, gern wieder nach Neumarkt zu kommen. Bürgermeister Albert Löhner, der im Namen der Stadt ein Grußwort sprach, erinnerte sich an Begegnungen mit Weiss im Landratsamt, als die evangelische Gemeinde dort Empfänge abhielt. "Da hat die Luft geknistert, vor allem in Anwesenheit der katholischen Kollegen", erinnert sich der frühere Landrat. Auch Weiss habe da entscheidend zum Zusammenwachsen der beiden christlichen Kirchen beigetragen, sagt Löhner. Als Katholik findet er sogar, "dass die katholische Kirche einiges von der evangelischen lernen kann – aber das kann ich nur hier in der evangelischen Gemeinde sagen", scherzte er. Er werde seine Art vermissen, Weiss sei mit Herzblut und Freude am Werk gewesen. "Ach, warten S‘ nur ab", entgegnete dieser.
Gemeinsam mit Pfarrer Klaus Eyselein überreichte Dekanin Christiane Murner einen Geschenkkorb mit Oberpfälzer Köstlichkeiten für den mittelfränkischen Metzgersenkel.
Murner selbst kennt Weiss schon lange, hat ihn in der bayerischen Landessynode als junge Pfarrerin kennengelernt. Beim Diskurs über die Abschaffung des Buß- und Bettags zur Finanzierung der Pflegeversicherung — Weiss kämpfte dagegen, Murner fand es richtig – habe er ihre andere Meinung gelten lassen, sie respektiert. Auch deswegen sei sie gern in seinen Kirchenkreis gekommen.
Weiss‘ Nachfolgerin oder Nachfolger werde wohl in den nächsten Monaten benannt, da gebe es keine lange Vakanz. Murner hofft, dass auch der nächste Regionalbischof so engen Kontakt in die Region pflegen werde.
"Hans-Martin Weiss kannte die Situation in den Gemeinden, in der Region, er war ein grandioser Chef und kann sehr gut zuhören", sagt sie. Für sie überwiegt die Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit.
Klostersanierung war
,wunderschönes Projekt‘
Murner: Weiss ist ein
grandioser Chef
Löhner: Im Landratsamt
hat die Luft geknistert
Bratwurstgenuss im
katholischen Vereinshaus
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