Brennende Waden und neue Sieger

19.09.2005, 00:00 Uhr
Brennende Waden und neue Sieger

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Familie Ochsenkühn hat vor ihrem Haus in der Kohlenbrunnermühle Stellung bezogen, um die Läufer anzufeuern. Familienoberhaupt Franz und Tochter Ina sitzen auf der Gartenmauer und blasen aus Leibeskräften in ihre Blechinstrumente. Schön sind die altertümlichen Tröten zwar nicht anzuhören. „Aber laut, und darauf kommt es doch an“, sagt die 15-jährige Ina lachend und winkt hinauf zu Mutter Angela, die ebenfalls fleißig vom Balkon trötet.

Nur für Oma Maria und Bruder Sven war kein Blasinstrument aus dem Familienfundus mehr übrig. „Macht nix, wir klatschen feste“, sagt Sven und erzählt stolz vom Weißwurststand, den die Familie im vergangenen Jahr für die Läufer aufgebaut hatte.

Mit den „Lärmtrommeln“

Überall am Wegesrand feuern die Zuschauer lautstark die Läufer an, die Buben und Mädchen der Grundschule Holzheim haben sogar zuvor im Unterricht eigens „Lärmtrommeln“ gebastelt, um für ihren gemeinsamen Auftritt bestens ausgerüstet zu sein.

Jubelnde Menschen, Trommler, Musikanten und lebensgroße Plüsch-Maskottchen haben auch Martina Röther die Kraft zum Durchhalten gegeben. Die junge Mutter aus Sengenthal wurde am Zieleinlauf von Töchterchen Carla empfangen und stärkt sich nun mit der Zweijährigen auf dem Arm an der Verpflegungsstation. Dort teilen über 50 Helfer Obst, Müsliriegel und Getränke aus. Mindestens 20 Kisten mit Bananen, jeweils zehn mit Nektarinen, Zitronen, Melonen und Äpfeln haben sie mundgerecht portioniert. Auch das alkoholfreie Bier ist bei den Läufern sehr begehrt.

Die Sportler stehen in langen Schlangen vor dem Zelt der Massage- und Krankengymnastikpraxis Linda Gänßbauer aus Berching. Neun Physiotherapeuten haben hier ihr Domizil aufgeschlagen und massieren Sportler, die oft völlig erschöpft auf gepolsterten Bierbänken liegen.

Christian Rein entspannt hier mit geschlossenen Augen und lässt sich von Angela Heintges-Gradel die Waden lockern. Der 30-Jährige hat mit drei Kollegen im Team „Architekturflitzer Berschneider“ beim 10,5 Kilometerlauf mitgemacht und ist nach dem Lauf völlig euphorisch. „Es war gigantisch: Die Zuschauer, das Wetter, die Atmosphäre, einfach gigantisch“, schwärmt er. Die letzten sechs Wochen hat er zwei bis drei Mal pro Woche trainiert und beim Stadtlauf „ganz gut durchgehalten“.

Alter Profi

Ein alter Profi im Durchhalten ist Josef Götz. 71 Jahre ist er alt und kein bisschen aus der Puste. Ein paar Schweißtropfen stehen dem Rentner aus Sulzbach-Rosenberg nach dem 10,5 Kilometerlauf zwar schon auf der Stirn. „Aber das ist ja normal“, meint er mit einem lässigen Achselzucken.

Dabei er hat er seine Liebe zum Laufsport erst spät entdeckt. „Mit 55 Jahren hab ich angefangen“, berichtet er stolz und ergänzt: „Zwei Mal pro Woche laufe ich acht Kilometer und dann fahr ich noch mit dem Radl.“ Mit seiner Zeit von einer Stunde und zehn Minuten ist Götz „ganz zufrieden“. Seinen ersten Marathon ist er übrigens mit 64 Jahren in Hamburg gelaufen. „Insgesamt bin ich schon fünf mitgelaufen, da ist das hier nix dagegen“, sagt er mit einem breiten Grinsen.

Nicht ganz so fröhlich blickt Claudia Dorr vom Team Bock nach dem Zieleinlauf drein. Die Lokalmatadorin und langjährige Siegerin des Stadtlaufes wurde beim Halbmarathon von Eva Scheu geschlagen. „Ich brauche jetzt erst einmal eine Pause“, sagt sie, wischt sich den Schweiß von der Stirn. Kaputt, aber glücklich erreichte Titelverteidiger Marco Benz die Ziellinie: Trotz eines verletzungsbedingten Trainingsrückstandes konnte der Neumarkter seinen Vorjahressieg über 10,5 Kilometer wiederholen.

Völlig aus der Puste sind die elf Jahre alten Zwillinge Aki und Thalia Kaziakos nach ihrem ersten Stadtlauf. „Ich kann nicht mehr laufen, ich hab so Muskelkater“, klagt Aki nach den 3,3 Kilometern. Schwester Thalia stützt sich schwer atmend auf eine Bierbank. Spaß gemacht hat ihnen der Lauf trotzdem. Wie lange sie gebraucht haben? - „Keine Ahnung! Ist auch egal“, meint Thalia voller Sportsgeist.

Kühles Wetter gut für Kreislauf

Andreas Mäutner vom BRK hat die Arbeit von 50 Helfern und vier Notärzten an zehn Stationen entlang der Strecke koordiniert. Viel zu tun hatten sie nicht. „Das verdanken wir vor allem dem kühleren Wetter“, erläutert Notarzt Thomas Emmert. Alle 27 Sportler, die versorgt werden mussten, hätten sich schlicht überanstrengt oder litten an Herz- und Kreislaufproblemen.

Es blieben die einzigen Probleme. Auch Polizeihauptkommissar Josef Schmidt von der Polizeiinspektion Neumarkt und seine Kollegen hatten erfreulich wenig zu tun: „Eigentlich mussten wir nur den Verkehr regeln.“

Ergebnis-Liste

3300 Meter-Lauf der Jugend: Jungen: 1. Kilian Schwarzensteiner (LLC Marathon) 12,11 Minuten, 2. Kevin Bird (TV Hilpoltstein Triathlon), 12,20, 3. Benedikt Mümmler, 12,22, Mädchen: 1. Theresa Baumgärtel (SC Roth), 12,31, 2. Ulrike Manstetten (LLC Marathon), 12,46, 3. Christina Schambeck (LLC Marathon),13,48.

10, 5 Kilometer: 1. Marco Benz (Speed Runners), 35,51 Minuten, 2. Helmut Graf (TST Ammersthal), 36,09, 3. Martin Härtl (ASV Neumarkt), 37,02, Damen: 1. Carmen Valerius (LG Erlangen), 42,01, 2. Petra Stiegler (TWin Neumarkt), 42,39, 3. Marianne Odörfer (FSV Weissenbrunn), 43,35.

Halbmarathon: 1. Sascha Burkhardt (TSV Ebermannstadt), 69,59, 2. Jörg Bühner (TB Weiden), 72,33, 3. Wolfgang Graf (Lauftreff Seubersdorf), 73,18, Damen: 1. Eva Scheu (Team Bock), 83,09, 2. Claudia Dorr (Team Bock), 87,01, 3. Ingrid Behringer (LSG Edelsfeld), 90,46.

Im Internet: Alle Ergebnisse unter www.stadtlauf-neumarkt.de.