Die Gebietsreform 1972

2.7.2012, 12:00 Uhr
Die Gebietsreform 1972

Wagen wir zuerst noch einen kurzen Blick ins 18. Jahrhundert, also in die Zeit, bevor die Landkarte Mitteleuropas in Folge der Französischen Revolution vollkommen umgezeichnet werden musste. Seit 1623 war das Kerngebiet des heutigen Landkreises Neumarkt Teil des Kurfürstentums Bayern. Die Ausnahmen: Berching und das Gebiet südlich davon gehörte zum Hochstift Eichstätt, Velburg und Parsberg zum Herzogtum Neuburg. Kleinere Herrschaften waren das „Tillysche Erbe“ Breiteneck (Freiherren von Gumppenberg) und das Pflegamt des Deutschordens in Postbauer.

Nach seiner Gründung gliedert das Königreich Bayern sein Staatsgebiet nach dem Muster der französischen Departements in Kreise und Amtsbezirke neu. Um es gleich zu Beginn etwas verwirrend zu machen: Was man damals Kreis nannte, heißt heute Bezirk – und andersrum. Zu Gute kommt uns hier, dass die früheren Amtsbezirke zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Landgerichte umgetauft wurden.

Breitenegg abgetreten

Zum neuen Landgericht Neumarkt gehören Pyrbaum, Freystadt, Sulzbürg, Holnstein, Breitenegg. In den 1820er Jahren werden ihm noch Forchheim und Erasbach zugeschlagen, Beilngries und Breitenegg muss es an Nachbargerichte abtreten.

Während das benachbarte Landgericht Parsberg von Anfang an dem Regenkreis als übergeordneter Einheit zugeordnet wird, gehört das Landgericht Neumarkt neben Beilngries und Riedenburg zunächst zum Altmühlkreis mit der „Hauptstadt“ Eichstätt. Schon 1810 gibt es die nächste Kreisreform, jetzt wandert das LG Neumarkt in den Oberdonaukreis – um 1817 seine endgültige Heimat im Regenkreis (seit 1837 offiziell „Oberpfalz“) zu finden.

Wie das Wort Landgericht schon sagt, obliegt der untersten Behördeninstanz damals neben der Verwaltung auch die Rechtspflege. Der Landrichter hat alle Bereiche des öffentlichen Lebens zu regeln. Er war nach heutigen Maßstäben Landrat, Amtsrichter, leitete das Gesundheitsamt und kümmerte sich um vieles mehr. So musste er unter anderem öffentliche Badeplätze zuweisen und seinen Urlaub beim König beantragen.

Das änderte sich erst mit der Verwaltungsreform von 1862 unter König Maximilian II. Nun werden „die Gewalten geteilt“: Die Landgerichte werden selbstständige Organe allein der Rechtspflege; die Verwaltungszuständigkeit auf der unteren staatlichen Verwaltungsebene wird auf „Bezirksämter“ (heute Landratsämter) übertragen.

Es wird fusioniert: Ein Bezirksamt (Landkreis) umfasst das Gebiet mehrerer Landgerichte. So besteht das neue Bezirksamt Neumarkt aus den Landgerichten Neumarkt und Hilpoltstein und reicht somit von Deining bis weit nach Südwesten, fast bis vor die Tore von Weißenburg. Das Bezirksamt Velburg (LG Kastl und Parsberg) macht den heutigen Osten und Nordosten des Landkreises aus, nur, dass es noch weit über die Lauterach hinausgriff. Der Berchinger Raum untersteht dem Bezirksamtmann von Beilngries und gehört deshalb bis 1879 zu Mittelfranken.

Kastl für Hilpoltstein

Im Zuge jener „Gebietsbereinigung“ von 1879 wird das Landgericht Hilpoltstein vom Bezirksamt Neumarkt abgetrennt, dafür bekommt man den Landgerichtsbezirk Kastl hinzu. Seit jenem Jahr heißt das Landgericht (Königlich bayerisches) Amtsgericht und das Bezirksgericht Landgericht.

So geht es bis ins Jahr 1972 (siehe Karte). Schon ab Günching beginnt das Bezirksamt Parsberg, es reicht im Osten bis Hemau und Laaber. Anfang der 30er Jahre werden dann die Bezirksämter in „Landratsämter“, ihre Dienstbereiche in „Landkreise“ umbenannt. Im Dritten Reich werden die Kreistage schrittweise ausgeschaltet; ab 1945 erlangen die Kreise wieder die Selbstverwaltung und werden wieder Verwaltungssprengel.

Eigener Bürgermeister

Bis zum Inkrafttreten der Gemeindegebietsreform zum 1. Juli 1972 war die Oberpfalz in 19 Landkreise gegliedert, denen Neumarkt als eine von fünf kreisfreien Städten gleichgeordnet war. Bis dahin hatte fast jedes größere Dorf einen eigenen Bürgermeister.

Die selbstständigen Gemeinden des Landkreises Neumarkt vor 1972 waren: Aßlschwang, Berg, Berngau, Brunn, Deining, Deinschwang, Dietkirchen, Döllwang, Engelsberg, Forst, Freystadt, Gebertshofen, Großalfalterbach, Häuselstein, Hausheim, Helena, Heng, Holzheim, Kleinalfalterbach, Kruppach, Laaber, Labersricht, Lauterhofen, Leutenbach, Lippertshofen, Litzlohe, Loderbach, Mittersthal, Möning, Mühlen, Mühlhausen, Oberbuchfeld, Oberhembach, Oberndorf, Oberölsbach, Pavelsbach, Pelchenhofen, Pettenhofen, Pfeffertshofen, Pilsach, Pölling, Postbauer, Pyrbaum, Reichertshofen, Rengersricht, Röckersbühl, Seligenporten, Sengenthal, Sindlbach, Sulzbürg, Thannhausen, Thundorf, Traunfeld, Trautmannshofen, Unterbuchfeld, Wappersdorf, Woffenbach.

Ende der eigenen Polizei

Vom einstigen Landkreis Parsberg kamen diese (Ex-)Gemeinden hinzu: Batzhausen, Breitenbrunn, Großbissendorf, Günching, Hörmannsdorf, Hohenfels, Kemnathen, Lupburg, Markstetten, Parsberg, Schnufenhofen, Seubersdorf, Velburg. Aus

dem ehemaligen Landkreis Riedenburg wurde der „Dietfurter Zipfel“ dem Landkreis Neumarkt zugeschlagen.

Die Stadt Neumarkt verlor ihren Status als kreisfreie Stadt und wurde 1972 selbst zu einer der 19 Landkreis- Gemeinden. Das bedeutete unter anderem auch das Ende der eigenständigen Neumarkter Stadtpolizei.

 

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