Die Stadt spart mit dem Umweltschutz Geld

16.01.2003, 00:00 Uhr

Dass dennoch das Flüsschen unter Anglern als Forellengewässer gilt, spricht für die gute Arbeit, die Technik und Bakterien in der Anlage leisten. Der Freistaat Bayern als Sachwalter des Gewässers „fördert“ den Umweltgedanken mit einer Abwasserabgabe, deren Höhe sich nach der Belastung mit Nährstoffen wie Phosphor, Stickstoff und Kohlenstoff bemisst.

Obwohl der Staat diese Gebühren von zwölf Mark im Jahr 1982 auf 35,75 Euro derzeit pro Schadeinheit und Jahr angehoben und gleichzeitig die zulässigen Höchstmengen heruntergeschraubt hat, kommt Neumarkt mit immer noch 125 000 Euro pro Jahr davon.

Laufend verbessert

Das liege daran, so Werner Schütt, der Verantwortliche Mann im Bauamt der Stadt, dass seit dem Baubeginn 1974 ständig an Verbesserungen gearbeitet wurde. 1994 ist das neue Klärwerk offiziell in Betrieb genommen worden. Es sei, lobt Schütt die Planer, das Ingenieurbüro Miller, vollständig unterkellert. Das habe die Verlegung weiterer Kabel und Leitungen enorm erleichtert.

Deshalb konnte auch relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit den stetig höheren Anforderungen an die Reinigungsleistung entsprochen werden. „Mehr noch“, betont Schütt, „wir sind bemüht, der Entwicklung im Land und in der EU immer einen Schritt voraus zu sein.“

So sind für Abwasseranlagen in der Größe von Neumarkt (150 000 Einwohnergleichwerte), die in Richtung Nordsee arbeiten, 75 Milligramm Chemischer Sauerstoffbedarf (CSB) zulässig. In Neumarkt liegt der Wert bei 20 Milligramm. CSB ist ein Hilfswert und beschreibt den Bedarf an Sauerstoff, der dem Wasser des Flusses entzogen werden müsste, wenn die im Abwasser enthaltenen chemischen Substanzen gebunden werden sollten. Ähnlich verhält es sich beim Biologischen Sauerstoffbedarf (BSB). Der zulässige Grundstickstoffgehalt wurde zum 1. August letzten Jahres über Nacht von 18 Milligramm pro Liter auf 13 Milligramm heruntergesetzt. Kein Problem für die Mannschaft um Abwassermeister Willibald Gottschalk. Er liegt derzeit bei 5,5 Milligramm. Beim Phosphat ist bei 0,5 Milligramm offenbar wirtschaftlich Ende der Fahnenstange. Der Grenzwert beträgt ein Milligramm.

Lange habe er, so Werner Schütt, nach einem System gesucht, mit dem sich die Sauerstoffversorgung der Belüftungsstraßen bedarfsgerecht regeln ließe. Die bislang verwendeten 1024 Belüftungskerzen aus Keramik sind schwer, empfindlich und müssen nach nur zwei Jahren ausgebaut und mit Ameisensäure gereinigt werden.

Die Firma Pfleiderer hat pflegeleichte Belüftungskerzen aus leichtem und stabilem Polyäthylen entwickelt, denen eine wartungsarme Lebensdauer von fünf Jahren vorausgesagt wird. In Versuchsreihen haben sie schon zwei Jahre problemlos überstanden, versicherte Antonio Giangrosso von Pfleiderer Water Systems.

Ein Nachteil der alten Anlage war, dass sie 24 Stunden täglich laufen musste und nicht komplett abgeschaltet werden konnte. Hier kam die Firma Intech ins Spiel, die ein Steuerungssystem entwickelt hat, das auf der Fuzzi-Logik basiert, die wir von der Waschmaschine kennen.

Für die Bakterien

Sensoren sagen den Turbo-Belüftern, wann sie gebraucht werden und wann nicht. Die Bakterien benötigen nämlich erstmal Sauerstoff, um Kohlenstoffe zu Kohlendioxid zu oxidieren, das in die Atmosphäre entweicht. Bei diesem Vorgang wird gleichzeitig Ammonium zu Nitrat umgebaut. Das würde, in den Fluss entlassen, zur Sauerstoffzehrung und Vergiftung des Gewässers führen.

Wird nun die Sauerstoffzufuhr gedrosselt, holen sich die Bakterien den Sauerstoff aus den Nitrat-Molekülen und das frei werdende Stickstoffgas steigt über den Himmel über dem Blomenhof.

Die mit unscharfer Logik, die dem menschlichen Verstand nachempfunden ist, ausgestattete Software ist zwar nicht billig, doch sie erspart Personaleinsatz, lässt sich mit den geringeren Abwasserabgaben verrechnen und spart Ausgaben im Energiebereich, erläuterten Michael Wimmer und Malte Jordy von Intech. Denn die Belüftung im alten Stil machte 60 Prozent dieser Strom-Kosten aus.