Per aspera ad astra

Einsatz auf der ISS: Deutschlands erste Astronautinnen trainieren in der Oberpfalz

23.5.2021, 17:59 Uhr
Insa Thiele-Eich und Suzanna Randall erfüllten verschiedene Aufgaben in der ewigen Dunkelheit.

© Heil/Karstgruppe Mühlbach e.V., NN Insa Thiele-Eich und Suzanna Randall erfüllten verschiedene Aufgaben in der ewigen Dunkelheit.

"Eigentlich die falsche Richtung", sagt die Tochter von Astronaut Gerhard Thiele, der im Jahr 2000 an einer Space-Shuttle-Mission teilnahm. Erst am Donnerstag sind die beiden promovierten Wissenschaftlerinnen – Thiele-Eich ist Meteorologin, Randall Astrophysikerin – einen guten Kilometer entfernt aus dem schmalen und für Besucher verschlossenen Zugang zur Höhle gekrochen. Fünf Tage am Stück hatten sie unter Tage verbracht.

Im "Ikarus-Biwak", gut 100 Meter unter der Oberfläche, habe sich eine "ganz neue Welt" für sie aufgetan, sagen die beiden. "Ich dachte anfangs, das viele kalte Wasser und die Lufttemperatur von nur neun Grad würden mir am meisten zu schaffen machen", erzählt Suzanna Randall. Was sie dort unten dann aber am meisten vermisst habe, seien die Farben der oberen Welt gewesen: "In der Höhle ist im Schein der Stirnlampen alles bräunlich."


Erst Quellhöhle, dann ISS


Doch es gebe viele Parallelen zwischen einer Raumstation und einer engen Höhle: die Erfahrung des Isoliertseins, minimale Privatsphäre, ein fehlender Tag-Nacht-Rhythmus, das Herumkriechen in klaustrophobischer Enge. Deshalb trainieren auch NASA und ESA ihre Astronauten mit Simulationen in Höhlen.

Auf historischer Mission

Das wollte auch die Stiftung "Erste deutsche Astronautin gemeinnützige GmbH". Ihr Vorhaben steckt schon in ihrem Namen. Denn eine deutsche Raumfahrerin oben in der Umlaufbahn – das gab es zumindest in diesem Universum noch nicht.

400 Frauen haben sich für die historische Mission beworben, Insa Thiele-Eich aus Königswinter und die Kölnerin Suzanna Randall wurden ausgewählt. Schon 2022 sollen sie zehn Tage auf der ISS verbringen. Der Flug soll unter anderem mit Spenden finanziert werden ( www.dieastronautin.de ).


Tödliches Höhlenunglück


Die Astronautinnen gingen nicht unvorbereitet in den Untergrund. Zuvor hatten sie eine umfassende Ausbildung zu Höhlenforscherinnen genossen. Am vergangenen Sonntag stiegen sie mit einem vierköpfigen Team um Expeditionsleiterin Sabrina Huber, der Vorsitzenden des Landesverbands für Höhlen- und Karstforschung, in die Quellhöhle des Mühlbachs ein.

"Wie in der Raumfahrt ist auch hier eine gute Vorbereitung mit das Wichtigste", sagt Insa Thiele-Eich. Das offenbarte sich auch gleich bei der ersten Mahlzeit im Biwak. Die Gruppe hatte nur vier Löffel mitgenommen, zwei zu wenig. "Da war Teamwork gefragt." Ansonsten sei aber alles "topp" gewesen, eine dicke Schicht Merinowolle unter wasserdichtem Material schützte die beiden Frauen vor der Kälte.

Nach einer unruhigen ersten Nacht übten sie den Aufstieg am Seil und vermaßen in zehn Metern Höhe einen Saurierknochen, der aus der Höhlenwand ragt. Der dritte Tag sei der anstrengendste gewesen; sie entnahmen Gesteinsproben und robbten dabei durch niedrige Gänge.

Auf die Sicherheit seiner Gäste hatte der Gastgeber, der Verein Karstgruppe Mühlbach, großen Wert gelegt, auch wenn die totale Abgeschiedenheit Teil des Trainingsprogramms war. Ein Notfalltelefon befand sich 15 Minuten vom Lager entfernt. Auf einen Mund-Nasen-Schutz hatte das Sextett im feuchten Höhlensystem verzichtet: "Wir waren da unten ja irgendwie auch ein Hausstand." Vorher und nachher wurden alle auf Corona getestet.

Die Astronautinnen verbachten fünf Tage in der Mühlbachquellhöhle

Die Astronautinnen verbachten fünf Tage in der Mühlbachquellhöhle © Karstgruppe Mühlbach e.V., NN

Auch alle Mitbringsel, das kleinste Stück Abfall schleppten sie beim Verlassen der Höhle nach oben, auch die Campingtoilette samt Inhalt. Nur eine kleine Astronautinnen-Figur haben sie in einer Nische versteckt: ein Rätsel, an dem sich Höhlenforscher in ferner Zukunft die Zähne ausbeißen werden.

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