Lange vermisster Vater ruht am Föhrenweg
28.9.2011, 00:00 UhrDer Sohn hatte sich an den Präsidenten des Lions-Clubs von Tiraspol gewandt. Aus Unterlagen im Zentralarchiv der Russischen Föderation wusste er, dass sein Vater 1942 in Regensburg in Kriegsgefangenschaft gestorben sein musste.
Zwischen Triaspol, der zweitgrößten Stadt Moldawiens und Hauptstadt der international nicht anerkannten Republik Transnistrien, bestanden Verbindungen in die sächsische Kleinstadt Eilenburg bei Dresden. Der dortige Lions-Club-Vorsitzende, Gerald Kräger, ist Inhaber einer Heizungsbaufirma, die seit 13 Jahren Geschäftsbeziehungen zu Ländern der früheren Sowjetunion unterhält. Kräger hörte sich bei Club-Freunden in der Oberpfalz um und so kam der Kontakt mit Manfred Schönherr, dem Präsidenten des Lions-Clubs Neumarkt, zustande.
Eingeschaltet wurde der Internationale Suchdienst, der Kräger um die Daten des ehemaligen russischen Soldaten bat. Das zentrale Archiv des russischen Verteidigungsministeriums hatte die Unterlagen. Iwan Rjabinskij wurde 1916 in Werchne-Makejcwka geboren. Er war gemeiner Soldat, als er am 2. Juli 1941 bei Minsk in Weißrussland in deutsche Gefangenschaft geriet. Am 29. Januar 1942 starb er unter unbekannten Umständen und wurde in Regensburg begraben.
Vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge kam die Information, dass seine Gebeine dann nach Neumarkt umgebettet wurden – Block B, Reihe 4, Grab 3604.
Der Name des Soldaten und sein Todestag stehen auf einer der zahlreichen bronzenen Tafeln in dem beschaulichen Friedhof unter krumm gewachsenen Föhren, die ihm den Namen gaben.
In einem neuen Flyer, den Arnold Graf ausgearbeitet hat, wird an die Geschichte der Kriegsgräberstätte erinnert. 1957 wurden die 96 ausländischen Toten aus dem Ersten Weltkrieg, die auf dem Friedhof St. Jobst ruhten, und 221 russische Zwangsarbeiter, die während des Zweiten Weltkriegs in Neumarkt starben, dorthin umgebettet. Ihre letzte Ruhestätte fanden am Föhrenweg auch jene 500 namenlosen russischen Kriegsgefangenen, die von 1941 bis 1945 im Reservelazarett II an der Mühlstraße starben. 21 weitere ereilte der Tod wenige Tage nach der Befreiung.
Aus 300 Gemeinden
Schließlich wurde beschlossen, den Föhrenweg zu einer Sammelanlage auszubauen. Aus Feldgräbern und provisorischen Grabstätten in 300 bayerischen Gemeinden wurden die Gebeine nach Neumarkt gebracht. Die Toten stammten meist aus Russland, Polen, Jugoslawien und Rumänien.
Am Föhrenweg ruhen Kriegsgefangene neben Zwangsarbeitern, dazwischen 447 Frauen und 287 Kinder, die nach Deutschland verschleppt worden waren und hier zu Tode kamen.
Auf dem großen Grabfeld links des Hauptweges liegen vor allem russische Kriegsgefangene wie der Vater von Wladimir Rjabinskij. Sie starben an Unterernährung, Seuchen oder an Entkräftung. Viele kamen bei Bombenangriffen auf Bahnhöfe und Industrieanlagen ums Leben, denn bei Alarm durften sie nicht in die Luftschutzkeller. „Sie wurden erschlagen, erschossen oder aufgehängt. Nur von wenigen der 5049 Toten wissen wir, wie ihre letzte Stunde war“, steht es bitter in dem neuen Faltblatt, das im Oktober erscheinen wird.
Noch ist nicht bekannt, ob Wladimir Rjabinskij seinen Vater, der mit 26 Jahren starb, jemals gekannt hat und ob er das Grab in Neumarkt besuchen will. Gerald Kräger reist am 29. September in Sachen Lions-Club für eine Woche nach Moldawien. Er will das recherchieren, hat er im Gespräch mit den Neumarkter Nachrichten gesagt.
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