Neumarkter kündigt Mechaniker mit Nazi-Tattoo und bekommt Recht
18.3.2019, 05:59 UhrDie Zahl "88" ist in Nazi-Kreisen ein bekannter Code. Die Ziffer acht entspricht dem achten Buchstaben des Alphabets, dem H. Zweimal H steht für "Heil Hitler".
Genau eine solche "88", umrahmt von einem Lorbeerkranz, prangt auf der Wade eines 28-jährigen Mechanikers. Und dass es sich dabei nicht um einen Zufall, sondern wohl auch um den Ausdruck der Gesinnung handelt, zeigt die Wahl seines Anwalts Peter Richter. Der NPD-Hausjurist vertrat die rechtsextreme Partei unter anderem beim Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.
88 auf der Wade
2018 trugen die Mitarbeiter des Umbauers für Offroad-Fahrzeuge verständlicherweise kurze Hosen, als der Chef das Nazi-Tattoo auf der Wade des Mechanikers bemerkte. Ein heftiger Streit endete mit der Aufforderung, nach Hause zu fahren und eine lange Hose anzuziehen.
Der Mechaniker fuhr los – und kam nicht zurück. Auf eine Whatsapp-Nachricht antwortete der 28-Jährige: "Ich schreibe Überstunden." Als der Chef schrieb, er entscheide, wann Überstunden geschrieben würden und dies Konsequenzen haben würde, kam die Antwort: Das sei schön für ihn, andere würden auch in kurzen Hosen und tätowiert rumlaufen. Er fühle sich gemobbt und diskriminiert, was auch Konsequenzen für den Chef haben würde.
"Schwarze Sonne" gebastelt
Am nächsten Tag kam der 28-Jährige wieder – erneut in kurzen Hosen. Und erhielt darauf die Kündigung, die er nun vom Arbeitsgericht für ungültig erklären lassen wollte. Es war nicht der erste heftige Streit mit dem Chef gewesen. Schon im März hatte der Mechaniker eine so genannte "schwarze Sonne" im Betrieb als privaten Gartenschmuck gebaut.
Die "Schwarze Sonne" besteht aus drei in Ringform übereinander gelegten Hakenkreuzen und ist ein Ersatzsymbol in der rechtsesoterischen bis rechtsextremen Szene.
Zweifelhafte Dekoration
Er wolle solche Nazisymboliken nicht im Betrieb haben, machte der Unternehmer dem Mechaniker deutlich. Nachdem er dem Angestellten das 60 bis 90 Zentimeter große Objekt vor die Füße geworfen hatte, packte der Mechaniker die zweifelhafte Deko in sein Auto.
Ein Arbeitgeber dürfe nicht die Gesinnung seiner Beschäftigten überprüfen, argumentierte Anwalt Richter vor dem Arbeitsgericht. Deshalb dürfe der Chef auch nicht vorschreiben, welche Tätowierungen getragen werden dürfen und welche nicht. Das Arbeitsgericht sieht dies anders. Die tätowierte "88" weise auf eine besondere Verehrung des NS-Regimes und seines Führers hin, heißt es in dem Urteil, das den NN vorliegt.
Die Tätowierung könne den öffentlichen als auch den betrieblichen Frieden stören sowie ein negatives Bild des Unternehmens bei Kunden und Geschäftspartnern und in der Öffentlichkeit hervorrufen. Diese könnten den Firmeninhaber ebenfalls Sympathien für das NS-Regime unterstellen und stillschweigend die Werkstatt wechseln. Durch die Weigerung, das Nazi-Tattoo abzudecken, sei dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar.
Damit ist der Fall für den Unternehmer noch nicht ausgestanden. Der Anwalt hat Berufung eingelegt beim Landesarbeitsgericht in München.