Noch zieht der Wolf einsam durch den Truppenübungsplatz Hohenfels
17.1.2021, 14:22 UhrBeim Hohenfelser Wolf ist das der Fall: Zwischen Mai und November wurde seine Anwesenheit in zwei Fällen genetisch nachgewiesen – anhand von Exkrementen. Weit eindrucksvoller ist aber das Foto einer Wildtierkamera, die das männliche Tier mit der Kennung "GW1416m" im Juni am helllichten Tag auf einem Flurweg geknipst hat.
Den staatlichen Wildtierexperten ist sogar der Stammbaum des stattlichen Rüden bekannt. Seine Gene verraten seine Herkunft: Er stammt aus einem gut erforschten Rudel bei Parchen in Sachsen-Anhalt. Das hatte im vergangenen Mai für negative Schlagzeilen in der Magdeburger Volksstimme gesorgt, weil es in einem Dorf einige Kamerunschafe gerissen hat. Selbst einen 1,80 Meter hohen Zaun haben die Wölfe dabei überwunden.
Spuren hinterlassen
Doch "GW1416m" – womöglich jenes "subadulte" Mitglied des Parchener Rudels, das 2019 dokumentiert wurde – hatte zu diesem Zeitpunkt schon sein Nest verlassen. Denn auf seinem Weg nach Süden hinterließ er Spuren: Haare im September 2019 in Thüringen und zum Jahreswechsel 2019/20 Speichel an einem ausgebüxten Mufflon, den er im Landkreis Hof gefressen hat.
Der Wolf wird der "zentraleuropäischen Population" zugerechnet, seine Vorfahren kommen ursprünglich aus Polen. Aus Norden sind in den vergangenen Jahren immer wieder einzelne Tiere bei uns durchgezogen. Einige wenige sind sesshaft geworden und haben Familien gegründet.
Auch in der Oberpfalz und direkt an der Bezirksgrenze gibt es bereits Rudel: ganz sicher im Manteler Forst (Landkreis Neustadt/Waldnaab) und im Veldensteiner Forst bei Auerbach. Auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr streifte bis vor kurzem ein Pärchen herum, doch konnte das männliche Tier im vergangenen Jahr nicht mehr nachgewiesen werden.
Schlaraffenland für einen Wolf
"GW1416m" hat nun etwas weiter südlich ein Schlaraffenland entdeckt: "Am Truppenübungsplatz Hohenfels hat er genug zu fressen und er wird dort auch am wenigsten belästigt", sagt Josef Guttenberger, der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz. Der Reichtum an Wild und die Ruhe, die nur von gelegentlichen Manövern unterbrochen wird: Nach Guttenbergers Einschätzung könnte auch ein Rudel innerhalb des Sperrgebiets satt werden, ohne in den Anrainerkommunen zu wildern.
Die Annahme eines Rudels ist nicht abwegig, ziehen doch immer wieder auch Wölfinnen durch Nordbayern. Erst im Oktober war ein "Mädel" aus dem Veldensteiner Rudel im Landkreis Eichstätt unterwegs. Johann Georg Gloßner, Halter von Weidetieren in Erasbach und schon deshalb gar kein Freund des streng geschützten Wolfs, kann sich sogar gut vorstellen, dass bei Hohenfels schon ein Rudel existiert.
Kein Platz für den Wolf
Der Neumarkter Stadtrat sieht für den "Predator an der Spitze" nicht genügend Platz in unserer stark zersiedelten Kulturlandschaft. Immerhin: Von staatlicher Seite wurden inzwischen sogenannte "Förderkulissen" für die Gemeinden rund um das neue Wolfsterritorium ausgewiesen.
Dort gibt es neben Zuschüssen für die Anschaffung von Zäunen und Herdenschutzhunden nun zusätzlich noch einen Schadensausgleich. Diese Form der Aufrüstung hält Gloßner jedoch für überflüssig. Zäune und Hunde könnten den intelligenten Wolf nicht immer daran hindern, Schafe, Rinder oder Pferde zu reißen. "Und schon gleich gar nicht, wenn ein ganzes Rudel anrückt."
Koexistenz mit dem Wolf
Trotzdem hofft Naturschützer Josef Guttenberger auf eine "gewisse Koexistenz" des Wolfs mit Jägern und Nutztierhaltern. Er kann deren Ärger über jene Naturfreunde, die die Rückkehr des "Canis lupus" vorbehaltlos begrüßen, durchaus nachvollziehen: "Es gibt verschiedene Sichtweisen zum Wolf, da muss man sich dann eben zusammensetzen und miteinander reden."
Eine Begegnung von Mensch und Wolf in der Natur hält der BN-Kreisvorsitzende für hypothetisch. "Wie alle Wildtiere hält sich auch der Wolf vom Menschen fern."
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