Sanierung der Pfleiderer AG amtlich besiegelt

28.11.2012, 11:00 Uhr
Sanierung der Pfleiderer AG amtlich besiegelt

© Mark Johnston

Laut Pfleiderer-Pressemitteilung werden damit die Beschlüsse der Gläubigerversammlung vom September vollzogen. Demnach ist das Grundkapital der Pfleiderer AG „auf Null“ herabgesetzt worden. Bei der anschließenden Kapitalerhöhung gab es keine Bezugsrechte für die Altaktionäre mehr. Durch den Kapitalschnitt sind die „Aktien der Altaktionäre vollständig untergegangen“, wie es in der Pfleiderer-Mitteilung heißt.

Nicht mehr börsennotiert

Damit endet eine Ära an der Börse: Pfleiderer bleibt zwar eine Aktiengesellschaft, doch es gibt keinen Handel mit den Anteilsscheinen mehr. Das Aktienkapital liegt zu 100 Prozent bei einer Gesellschaft mit dem Namen Atlantik S.A. mit Sitz in Luxemburg. Wer genau als neuer Eigentümer hinter dieser Firma steht, gab Pfleiderer-Sprecher Frank Elsner gestern auf Anfrage der Neumarkter Nachrichten nicht bekannt. „Das kann nur Atlantik selbst“, sagte Elsner. Nur so viel: Die neuen Eigentümer seien „private Investoren“.

Im Zuge des Planinsolvenzverfahrens wird die Pfleiderer AG Schulden in Höhe von 900 Millionen Euro los. Die restlichen 310 Millionen Euro Finanzverbindlichkeiten seien eine „marktgängige Verschuldung“; das Eigenkapital von 165 Millionen Euro „angemessen“, heißt es in der Pfleiderer-Pressemitteilung.

Spanplattenanlage bestellt

Die Sanierung und Restrukturierung von Pfleiderer mit dem erfolgreichen Verkauf von Unternehmensteilen in den USA, Kanada, Europa und Russland habe es möglich gemacht, 3600 Arbeitsplätze zu erhalten. Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der operativen Gesellschaften habe vermieden werden können. Das Business Center Westeuropa sei profitabel.

Die Pfleiderer Holzwerkstoffe haben gerade den Auftrag zur Lieferung einer neuen Spanplattenanlage an die baden-württembergische Dieffenbacher-Gruppe vergeben. Die Anlage soll im Zuge der Modernisierung und Erweiterung des Spanplattenwerks II in Neumarkt im Sommer 2013 geliefert und nach der Montage im ersten Quartal 2014 in Betrieb genommen werden (wir berichteten). „Ich bin wütend, ich hätte mir nie vorstellen können, dass ein Hedgefonds eine ganze Firma übernimmt“, sagte Altaktionär Wolfgang Richlowski aus Baden-Württemberg. Der Kleinanleger im Ruhestand hatte im November 2011 ein Pfleiderer-Aktienpaket gekauft und auf eine Aussage des damaligen Pfleiderer-Vorstandschefs Hans H. Overdiek vertraut, wonach bei dem Unternehmen eine Insolvenz nicht zu befürchten sei. Der Altaktionär, dessen Anteilsscheine nun nichts mehr wert sind, hat noch versucht, andere Betroffene für eine Klage gegen die Enteignung im Rahmen der Planinsolvenz zu finden. Lediglich fünf Aktionäre hätten sich bei ihm gemeldet.

Wolfgang Richlowski hat keine Rechtsschutzversicherung und scheut das finanzielle Risiko eines Prozesses, nachdem auch die Deutsche Schutzgemeinschaft Wertpapiere (DSW) und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger „aufgegeben“ hätten. Die DSW-Vizepräsidentin Daniela Bergdolt, Rechtsanwältin in München, kündigte allerdings gestern laut dpa wegen der „kalten Enteignung der Aktionäre“ die Prüfung rechtlicher Schritte an.

„Das ist so wie wenn man die Burg Feuerstein für einen Euro kauft – und tatsächlich ist sie zehn Millionen wert“, sagte der Nürnberger Rechtsanwalt Dietmar Dorn. In dem Planinsolvenzverfahren der Pfleiderer AG habe sich gezeigt, dass Gläubiger der „institutionellen Macht eines Konzerns nicht gewachsen“ seien. Auch er wählte die Formel von einer „faktischen Enteignung auf kaltem Wege“. Angesichts der florierenden Tochtergesellschaften der Pfleiderer AG sprach der Anwalt von einer „fingierten Insolvenz“.

Dorn ist der Anwalt eines Hybridanleihe-Gläubigers, der bei der niederländischen Pfleiderer Finance BV einen sechsstelligen Betrag angelegt hat. Die ist inzwischen auch insolvent.

„Unternehmerisches Risiko

Aktionäre müssten akzeptieren, dass sie mit ihrer Anlage ein unternehmerisches Risiko eingehen, sagte gestern IHK-Vizepräsident Stefan Rödl (Neumarkt) im Gespräch mit den Neumarkter Nachrichten. Für den Wirtschaftsstandort Neumarkt sei es jedenfalls sehr gut, dass mit Hilfe der neuen Planinsolvenz die Zerschlagung des Konzerns verhindert worden sei. Nach Ansicht des IHK-Vize gebe es eine Lektion für Investoren: „Das Sicherheitsbedürfnis von Geldgebern wird zunehmen.“

 

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