Trinkgeld ist die beste Geste des Dankes
11.11.2009, 00:00 UhrDas Wort hat schon ein gutes halbes Jahrtausend auf dem Buckel. Bereits seit dem 14. Jahrhundert ist der Begriff «Trinkgeld» laut Grimmschen Wörterbuch bezeugt, gern auch als «Trynkgelt» oder «Trinckgelt» - und auch heute noch immer eine weit verbreitete Tradition. «Das Trinkgeld ist für den Kellner die beste Geste des Dankes», sagt Thomas Domani vom Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes. Eine gute Bedienung schaffe «mit Freundlichkeit und Aufmerksamkeit» bestimmt so etwa 400 Euro im Monat. Allerdings würden die Geldbörsen heute nicht mehr ganz so weit geöffnet wie noch vor einigen Jahren. «Wir spüren, dass hier gespart wird. Aber es ist immer noch ein vernünftiges Zubrot.»
Zweischneidige Sache
Ein Zubrot, gewiss - allerdings eines, das zumindest bei Arbeitnehmervertretern nicht auf ungeteilte Freude trifft. «Für einen Gewerkschaftler ist das Trinkgeld eine zweischneidige Sache», erklärt Dieter Kiefer, Sekretär der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. «Problematisch ist es überall dort, wo nicht nach Tarif gezahlt wird» - und das seien inzwischen immerhin rund 40 Prozent aller Gastronomie-Betriebe.
In diesen Fällen bekämen die Angestellten oft so wenig Grundlohn, dass das Trinkgeld nicht länger nur eine schöne Geste ist, sondern ein unverzichtbarer Teil des Einkommens, so Kiefer. Mit anderen Worten: Im Vertrauen auf die Großzügigkeit der Kunden und auf deren Zeche drücken einige Betreiber ihre eigenen Lohnkosten. Sich als Gast dagegen zu wehren, sei allerdings sehr schwierig - was es natürlich nicht besser macht. Kiefer: «Wie soll man wissen, wer nach Tarif zahlt und wer nicht?»
Trotzdem, wegnehmen will der Gewerkschaftssekretär das Trinkgeld natürlich niemandem. Auch er hat jedoch beobachtet, dass die Summen in den vergangenen Jahren abgenommen haben.
Wie viel extra die Gäste insgesamt geben, ist allerdings statistisch nicht nachvollziehbar. Manches muss versteuert werden, manches nicht, manches wird womöglich unwissentlich auch nicht versteuert, obwohl es eigentlich müsste: Die Regeln haben sich in den vergangenen Jahren immer mal wieder geändert und selbst für die Finanzämter ist es praktisch unmöglich, jeden Geldstrom zu kontrollieren, der da zwischen Gast und Kellner zusammenkommt. «Aber es ist heute definitiv nicht mehr so viel wie früher», glaubt Kiefer. GREGOR LE CLAIRE