Vierjähriger musste brutalen Ehestreit ansehen

2.2.2015, 14:36 Uhr

„Es war eben schwierig“, charakterisierte der Angeklagte das Zusammenleben mit seiner damaligen Frau, von der er jetzt geschieden ist. An einem Oktoberabend im Jahr 2013 schaukelten sich die Streitereien wieder einmal hoch und entluden sich in üblen Beleidigungen und schließlich Gewalttätigkeit.

Als „Hure“ und „Schlampe“ hatte der damals 34-Jährige seine Ehefrau beschimpft und sich dann mit dem gemeinsamen Kind, einem vier Jahre alten Buben, ins Schlafzimmer zurück gezogen. Von dort aus hörte er, wie seine Frau ihm drohte, die Polizei zu rufen. Das brachte offenbar das Fass zum Überlaufen.

Er griff seine Frau brutal an.Das ärztliche Attest sprach später von Würgemalen, einer Unterkieferprellung und einem großflächigen Hämatom dort am Oberarm, wo sich der Mann auf sein Opfer gekniet hatte.

Barfuß dem Peiniger entwischt

Diesem glückte es schließlich im Schlafanzug und barfuß zu entwischen und die Polizei zu rufen. Die Beamten brachen die Wohnung auf, in der sich der Ehemann mit dem Kind verbarrikadiert hatte. Bei der Festnahme leistete er passiven Widerstand und belegte die Polizisten mit unfeinen Vokabeln. Beim Abtransport durch das Treppenhaus versuchte der Gefesselte einem der Polizisten ein Bein zu stellen. Das gelang jedoch nicht, weil er mit 1,77 Promille Alkohol im Blut wohl nicht mehr ganz Herr seines Körpers war, von seinen Sinnen gar nicht zu reden.

Das alles summierte sich zu einer Anklage wegen Beleidigung, gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Die Nebenklägerin, die von Rechtsanwalt Klaus Dütsch vertreten wurde, war nicht erschienen. Sie liege mit Fieber zuhause im Bett, entschuldigte sie ihre Mutter. Ihre Aussage vor Gericht war auch gar nicht mehr nötig, eben sowenig wie die der als Zeugen geladenen Polizeibeamten. Denn der Angeklagte räumte alle Vorwürfe der Staatsanwältin Beate Fasch ein. Es täte ihm leid, aber da habe sich im Laufe der Ehe einiges aufgestaut.

Mehrere Drogendelikte

Der Angeklagte ist kein unbeschriebenes Blatt. Er hatte wegen Drogendelikten schon mehrfach mit dem Gesetz zu tun, saß auch schon mal ein. Allerdings liegt sein letzter Eintrag im Bundeszentralregister schon zehn Jahre zurück.

Das Geständnis, die Alkoholisierung, die laut Gutachter verminderte Schuldfähigkeit zumindest möglich erscheinen lässt, ein gewisses Maß an Einsicht und die offenbar mittlerweile gefestigte soziale Situation des Angeklagten, überzeugte Beate Fasch davon, dass hier gerade noch einmal eine Bewährungsstrafe drin wäre. Sie forderte zwei Jahre Haft auf vier Jahre Bewährung. Zudem solle der Angeklagte die Kosten des Verfahrens trage, seinem Opfer 1000 Euro Entschädigung zahlen und weitere 1000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung.

Unregelmäßiger Unterhalt

Rechtsanwalt Dütsch schloss sich dem weitgehend an, gab aber zu bedenken, dass er der Einsicht ins Unrecht nicht so recht traue. Der Angeklagte würde seine Mandantin beleidigen, wenn er ihr auf der Straße begegne und bei den Unterhaltszahlungen für das Kind, das jetzt bei der Mutter lebt, sei er säumig.

Verteidiger Jürgen Mederer griff das gleich auf. Er und sein Mandant hätten bewusst darauf verzichtet, ein neues Fass auf zu machen. Er wolle nicht weiter darauf eingehen, was von Seiten der Familie der Ex gegen den 35-Jährigen unternommen worden sei. Nur soviel. Die Frau habe seinen Mandanten in aller Öffentlichkeit ins Gesicht geschlagen und sei bestimmt auch kein Kind von Traurigkeit. Angesichts dessen und weil die Tat schon über ein Jahr her sei, schien ihm eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten ausreichend.

Richter Rainer Würth und die beiden Schöffen entschieden nach kurzer Beratung auf eine Haftstrafe von einem Jahre und zehn Monaten, ausgesetzt auf vier Jahre Bewährung. Zu den Verfahrenskosten kommen noch 1000 Euro zahlbar an die Krankenhaushilfe Neumarkt und weitere 1000 Euro an die geschiedene Frau. Würth folgte der Bitte von Jürgen Mederer und genehmigte Ratenzahlung.

Der Richter sah zwar auch die mildernden Umstände, die die Staatsanwältin in Betracht gezogen hatte, fand aber, dass weder der Alkohol noch die Vorgeschichte in der Ehe ein so massiv brutales Vorgehen rechtfertigen würden.

Günstige Sozialprognose

Glück habe der Angeklagte gehabt, dass die Verletzungen seiner Opfer, Ehefrau und ein Polizist, relativ harmlos ausgefallen waren. Angesichts des Verhaltens des Angeklagten in den letzten Jahren und einer günstigen Sozialprognose ging er von einem einmaligen Aussetzer aus. Doch stellte er ihm einen Bewährungshelfer zur Seite. Dem jungen Mann gab er mit auf den Weg, seine Alkoholprobleme in den Griff zu bekommen, „sonst fliegen Sie aus der Kurve“.

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