Von Neumarkt in die weite Welt: Europareise im Wohnmobil
23.6.2019, 11:14 UhrDie Route ist nur grob geplant, denn die Familie will sich ganz bewusst treiben lassen, ist es doch die neue Ungebundenheit, die sie ab Ende Juli gemeinsam genießen wollen. "Wenn es uns in einem Land oder an einem Ort besonders gut gefällt, bleiben wir dort länger, vielleicht haben wir auch die Möglichkeit, auf Höfen für Kost und Logis zu arbeiten. Festgelegt sind wir überhaupt nicht, wir schauen einfach, wo das Wetter am besten ist und die Leute am nettesten sind", erzählt der Familienvater schmunzelnd, der für das Reisen seinen Job als Projektmanager gekündigt hat.
Ein Risiko, sagen natürlich die einen. Mutig, die anderen. "Natürlich haben wir nicht von heute auf morgen beschlossen, aus dem System auszusteigen und loszufahren", so der 35-jährige. Die Überlegungen hätten begonnen, als sich die Familie ein Grundstück kaufen wollte und das Ehepaar über die Finanzierung diskutierte. Die Schulden, die dabei auf sie zukommen würden, und der Gedanke, nur zu arbeiten und die Kinder beinahe nur am Wochenende zu sehen, haben die beiden dann zum Umdenken bewegt.
Denn die Priorität wollen sie eigentlich auf die Familie setzen, auf gemeinsames Erleben und auf das Entdecken der großen, weiten Welt, von der sie noch so viel mehr sehen und vor allem den beiden Kindern zeigen wollen. Im vergangenen Herbst reifte dann langsam die Idee, sich statt eines Grundstücks ein Wohnmobil anzuschaffen, dieses nach ihren Bedürfnissen umzubauen und dann im Sommer nicht nur auf-, sondern vor allem auch auszubrechen.
Begünstigt wurde die Entscheidung von den fortwährenden Schulproblemen, mit denen die neunjährige Tochter Sophie zu kämpfen hatte. Nathalie Thumann erinnert sich mit Grausen an die vielen Nachmittage, an denen sie sich mit Sophie durch die Hausaufgaben gekämpft hat, obwohl sie ihre Tochter so viel lieber hätte toben, spielen und turnen lassen. An Wissbegierde habe es der Zweitklässlerin nicht gemangelt, vielmehr an der Fähigkeit, sich dem System anzupassen.
Wieder Spaß am Lernen
Mittlerweile betrachten die Eltern dies jedoch weniger mit Groll, sondern mit Stolz: "Jedes Kind hat andere Interessen und Fähigkeiten, denen man gerecht werden muss." Das Paar möchte ihre Tochter nun so fördern, dass sie Spaß am Lernen hat. Ab dem Sommer ist die Familie aus Deutschland abgemeldet und damit ist Sophie ab dem kommenden Jahr auch nicht mehr schulpflichtig.
Bis es aber endlich losgehen kann, musste viel erledigt werden – angefangen natürlich mit der doch recht aufwändigen Renovierung des Wohnmobils, was Nathalie und Moritz Thumann größtenteils in Eigenregie geschafft haben. Seit etwa fünf Monaten sind sie nun dabei, ihre Wohnung aufzulösen. Einlagern wird das Paar nur Persönliches wie Unterlagen oder Fotos, ihre Einrichtung wird weitestgehend verkauft, gespendet und verschenkt. Jedes Kind dürfe sich eine Kiste mit Spielsachen packen. Alles weitere muss radikal ausgemistet werden.
Doch die Familie möchte sich bewusst weg von Konsum und hin zu einem minimalistischerem Lebensstil bewegen. Und der Prozess ist leichter gefallen als vermutet: "Wir haben festgestellt, wie unglaublich viele Besitztümer sich mit den Jahren ansammeln, die man eigentlich gar nicht braucht", erzählt die 32-jährige gelernte Hotelfachfrau. Sich von Unnötigem zu trennen, nehme viel ungeahnten Druck und schaffe neue Freiheiten.
Wer die Thumanns kennenlernen und ihnen vielleicht etwas abkaufen möchte: Am Sonntag, 23. Juni, ist die Familie nochmals auf dem Flohmarkt in Berching. Auf Instagram kann man die Reise außerdem verfolgen unter thumanns_travel_family.
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