Umstrittenes Bahn-Projekt bei Ezelsdorf
Was zählt mehr: ICE-Werk Ezelsdorf oder Trinkwasserschutz?
8.6.2021, 13:08 UhrOb sie aber stechen werden, wird sich erst bei der Überprüfung herausstellen.
Klare Aussagen, aber auch die klare Ansage, dass sie derzeit nichts über den Ausgang des Verfahrens sagen können, gab es von Carsten Burmeister, dem DB-Projektleiter, und Karl Heinz Holzwarth, Qualitätsbeauftragter der DB Bayern und Mitglied im Vorstand, bei der Sitzung des Marktgemeinderates Postbauer-Heng.
Der eine berichtete über die Voraussetzungen und Anforderungen des ICE-Werkes, der andere war für die politische Komponente zuständig. Denn, sagte Holzwarth: Mit der Verkehrswende wolle man dem Klimawandel begegnen, es sollen mehr ICE aufs Gleis. Was im Moment laufe, sei kein klassisches Planfeststellungsverfahren, das beginne erst im Herbst. Die Bahn spreche aber schon jetzt mit den Bürgern an den neun möglichen Standorten, die untersucht würden.
Zwei Brunnen beziehen ihr Wasser aus dem Gebiet
Wenn im fraglichen Gebiet Trinkwasser gewonnen werde, könne das Werk nicht gebaut werden, sagte Burmeister. „Das ist ein klares Ausschlusskriterium.“ Das soll nun geprüft werden. Das Untersuchungsareal, sagte Bürgermeister Horst Kratzer auf Anfrage der NN, ziehe sich durch den Wald zwischen Kemnath und Pyrbaum, das sei ebenfalls ein großes Wassereinzugsgebiet, die zwei Brunnen beim Bauhof hätten dort ihr Einzugsgebiet.
Deshalb, sagte Burmeister, gehe die Bahn ja jetzt schon auf Bürger und Gemeinden zu, auch, um sich zu informieren. Im November 2021 gebe es den Antrag auf Bewertung der Raumverträglichkeit an die Regierung von Mittelfranken. Burmeister: „Wir untersuchen nicht bis November alle neun Standorte und zünden dann die große Überraschungskanone.“ Die Standorte würden geprüft, dann müsse man sehen, welche als geeignet gelten.
Die Markträte hatten viele Fragen
Die Postbauer-Henger Räte waren schon im Vorfeld der Sitzung aktiv: Sie hatten den Bahn-Vertretern einen 29 Fragen umfassenden Katalog zugesandt. Die erste Antwort kam von Karl Heinz Holzwarth: Warum die Bahn das Areal am Rangierbahnhof in Nürnberg verkauft habe und nicht dort das ICE-Werk ansiedle? Die Fläche sei vor 15 Jahren nicht mehr bahnbetriebsnotwendig gewesen, sagte er, die Stadt habe sie für Wohnbebauung erwerben wollen, nun komme auch noch die TU Nürnberg dort hin. Deshalb sei das Areal seinerzeit über die Ausgründung einer Immobilientochter der Bahn abgegeben worden.
Andere Flächen mit der gewünschten Größe in Bahnbesitz in Nürnberg gebe es nicht. Das ehemalige Bahn-Areal an der Brunnecker Straße umfasst 90 Hektar und Burmeister sagte nur: „Das ist für uns schon kritisch, dass da was verkauft worden ist.“
Wie laut ist der Hupen-Test?
Ein wichtiges Thema spielte auch der Lärm, vor allem der Hupen-Test des ICE. Burmeister gab unfreiwillig einen tiefen Einblick ins Sicherheitsdenken. Der ICE darf nur auf die Strecke, wenn vorher die Hupe getestet worden ist. Auf der Strecke selbst kann der Hupentest nicht stattfinden, denn: Versagt die Hupe, müssen die Passagiere aus dem Zug und dieser mit Tempo 80 zum nächsten Bahnhof rollen.
Aber, sagte Burmeister zu: Das Werk werde so gebaut, dass sowohl die Bundesimmissionsschutzverordnung als auch die TA Lärm eingehalten werden. Er habe sich rund um das ICE-Werk Köln/Nippes informiert, sagte Jürgen Rupprecht, die Auskünfte von dort belegten genau das Gegenteil. Sowohl in der kommunalen Verwaltung als auch bei den Anwohnern sei die Verbitterung groß. Ein Anwohner habe eine Messstation an seinem Haus und der messe 100 Dezibel.
Das wollte Burmeister so nicht stehen lassen: Die Bahn habe mit Lärmschutzwänden nachgerüstet, der Wert könne so nicht sein. Er sagte aber auch: Das ICE-Werk sei auf einem alten, lange Jahre nicht genutzten Bahngelände gebaut worden. In dieser Zeit sei die Wohnbebauung immer näher an das Bahnareal herangerückt – dieses sei aber immer Bahnareal geblieben.
In Ezelsdorf oder an den anderen Standorten gelten andere Regeln: Hier werde neu gebaut, hier müssten niedrigere Richtwerte eingehalten werden. Es werde auch keine Lichtverschmutzung wie in Köln/Nippes geben, denn die Lampen werden einfach niedriger sein. Auch die Bremstests seien nicht zu laut: Die ICE rollten nur mit 25 km/h. Und, sagte er: Nach Vorgaben müssten sie den schon jetzt vorhandenen Lärmpegel mit einmessen, vom nahen Gewerbegebiet und der Bundesstraße, und müssten dann immer noch unter dem Grenzwert liegen.
Die ICE werden rund um die Uhr gewartet
Es würden, sagte er auf die Behauptung, die Züge würden nur nachts gewartet, 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche Arbeiten laufen. Das Werk sei viel zu teuer, um dort nur nachts zu arbeiten. Jeder ICE müsse alle drei, vier Tage ins Werk, die Wartung dauere 90 Minuten. Es gebe aber auch größere Wartungen, die einen Tag dauerten. Er räumte aber ein: 40 Prozent der Arbeiten werden am Tag laufen, 60 Prozent in der Nacht. 25 ICE werden in 24 Stunden abgearbeitet.
„Die B8 ist ein kritischer Punkt“, sagte Burmeister. Doch dieses Thema sei erst vor drei, vier Wochen auf den Tisch gekommen. Die Bahn richte sich nach den Gegebenheiten vor Ort und auch in Allersberg werde man, sollte es der Standort werden, so planen, dass die Gewerbegebiete der Gemeinde nicht betroffen seien. So auch bei der B8: „Wenn wir keine Anbindung zur Bahnstrecke bekommen, ist die Fläche vom Tisch.“
Burmeister erklärte auch, warum Ezelsdorf nachträglich noch zu den Standorten gekommen sei. Anfangs habe man das Werk parallel zur Bahnstrecke geplant. Doch damit kam man auf nur wenige Standorte in der Region. Die Projektgruppe habe das Layout geändert und das Werk orthogonal zur Bahnstrecke angeordnet. Damit hätten sich plötzlich mehr mögliche Flächen ergeben.
Jeder Kilometer näher an Nürnberg ist gut
Was Burmeister auch sagte: Jeder Kilometer, den das neue Werk näher an Nürnberg sei, sei gut. Das sei auch ökologisch wichtig, wenn der Zug nicht so lange Strecken fahren müsse. Das Werk solle CO2-neutral werden.
Eine überraschende Aussage gab es zum geplanten dritten Gleis auf der Strecke von Feucht nach Neumarkt und der Tatsache, dass dieses auch Platz brauche: Karl Heinz Holzwarth verwies auf die Elektrifizierung der Strecke von Regensburg nach Hof, die anstehe. Das würde eine starke Entlastung der Trasse von Regensburg nach Nürnberg vom Güterverkehr bedeuten. Und dann werde sich zeigen, ob es das dritte Gleis überhaupt noch brauche.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen