Wunderwatte fischt radioaktives Cäsium aus dem Wasser

13.2.2014, 10:30 Uhr
Wunderwatte fischt radioaktives Cäsium aus dem Wasser

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Ganz einfach: Kontaminiertes Wasser fließt durch eine Art Watte und kommt gereinigt wieder heraus. Nach der Reaktor-Katastrophe von Fukushima mit Tausenden Tonnen hochgradig verseuchtem Wasser im Boden und im Pazifik müsste man im überbevölkerten Japan doch bei dem Gemeinschaftsprojekt von Dari und mit der Ohm-Hochschule Nürnberg aufhorchen. So der viel versprechende Geschäftsplan.

Wunderwatte fischt radioaktives Cäsium aus dem Wasser

Positive Signale von der anderen Seite der Erde hatte Firmenchef Andreas Richter schon vor dem Abflug im vergangenen Herbst vernommen. Doch glaubte er nicht, nach der Demonstration des Filters in Fernost gleich mit Aufträgen eingedeckt zu werden. Die japanische Mentalität: „Das kann Wochen dauern, bis wir etwas hören“, sagte er damals den NN. Seitdem sind Monate ins Land gegangen. Die japanische Mentalität eben, vermutet Richter wieder. Die Obrigkeit spielt die Folgen des Supergaus herunter, und die Bevölkerung nimmt das kritiklos hin.

Doch ganz mit leeren Händen ist der Unternehmer nicht aus Nippon zurückgekehrt. „Ich habe zehn Liter Pazifikwasser mitgebracht“, erzählt er. „Für Testreihen mit dem Filter an der Ohm-Hochschule. Und wir haben dabei hervorragende Ergebnisse erzielt.“

Das Meerwasser war allerdings nicht radioaktiv verseucht. „Wir mussten für die Tests schon noch Cäsium dazu geben. Es ging uns ja darum, zu sehen, wie der Filter bei diesem bestimmten Salzwasser funktioniert.“ Das tut er prächtig, wie es sich herausstellte: „Der Cäsiumwert lag nach der Filtration unterhalb der Nachweisgrenze“, sagt Andreas Richter. Weitere Versuche bei einem Kraftwerksbauer bestätigten dieses Resultat.

Die Firma Dari, der frühere Watte Richter, entwickelt inzwischen auch selektives Filtermaterial, das nur ganz bestimmte Stoffe „einfängt“. In diesem Fall das radioaktive Isotop Cäsium 137 mit einer Halbwertzeit von 30 Jahren: Das stark strahlende Spaltprodukt fällt auch in deutschen Kernkraftwerken an und findet sich dort zum Beispiel zur Genüge in den Abklingbecken für ausgediente Brennelemente wieder.

Das neue Filtermaterial mit Namen Fibalon®CS wirke auf zwei unterschiedlichen Wegen, erklärt Richter: „Zum einen werden geringste Mengen Cäsium mit einer Art Magnet aus dem Wasser an die Polymerfaser gebunden. Und aufgrund der sehr hohen Trennschärfe des Materials, die unter zwei Mikrometer liegt, können wir auch Partikel entfernen, an denen das Cäsium anhaftet.“

Deshalb möchte Andreas Richter nun seine Filter der heimischen Atomwirtschaft anbieten. Interesse bestehe schon, so Richter, denn derzeit müsse das kontaminierte Wasser noch aufwendig über Filterbetten gepumpt werden. Zwar würden auch seine Polymerfasern nach erfolgter Filtration zu Atommüll und müssten dementsprechend endgelagert werden: „Aber die Abfallmenge reduziert sich dadurch drastisch.“

Somit könnte das japanische Abenteuer für Dari doch noch ein lukratives Ende nehmen. Schmunzeln muss der Geschäftsmann noch heute, wenn er davon erzählt, was er am Flughafen in Japan erlebt hat. Vor dem Rückflug wurde das Meerwasser aus seinem Gepäck gefischt. „Ich hatte es in einem Benzinkanister transportiert. Aber als ich ihnen erklärt habe, dass es nur Wasser ist und wozu ich es benötige, durfte ich ihn doch noch mitnehmen.“

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