Erste Vermutung
1500 Fische tot - Wieso ist das Riesenaquarium in Berlin geplatzt?
16.12.2022, 19:00 UhrAuf der Straße liegt ein toter Fisch. Feuerwehrleute stehen zwischen den Trümmern. Und wo zuvor ein Aquarium war, sind nur noch Bruchstücke zu sehen. Gäste eines Berliner Hotels berichten am Freitagmorgen, es habe einen lauten Knall gegeben. "Wir haben uns richtig erschrocken", sagt eine Frau. Den Grund erfahren manche erst später. Der meterhohe Aquadom im Hotel ist geplatzt. Zwei Menschen werden durch Splitter verletzt - und viele Fische sind tot.
Als die Feuerwehr alarmiert wird, ist es 5.43 Uhr. Dass das Unglück passiert, als viele Menschen noch schlafen, könnte eine Katastrophe verhindert haben. "Wenn das Ganze nur eine Stunde später passiert wäre, dann müssten wir über furchtbare menschliche Schäden berichten", sagt Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Sie spricht von "Glück im Unglück". Ähnlich äußert sich ein Sprecher der Eigentümerfirma Union Investment.
Ein Mann erzählt, er habe das Hotel morgens zum Rauchen verlassen. Vor dem Hotel sei Polizei gewesen. Er habe nicht mehr zurück ins Haus gedurft, in dem seine Frau noch gewesen sei. Am Vortag habe er noch beobachtet, wie zwei Taucher das Aquarium geputzt hätten. "Das war super interessant. Da habe ich noch Fotos gemacht."
Hunderte Kräfte von Polizei und Feuerwehr
Die Fotos von Freitag wirken dagegen wie aus einem Katastrophenfilm. Vor dem Gebäude liegen Holzteile, Blumenkübel, Absperrungen. Die Türen hängen schräg in den Rahmen. Einsatzkräfte sperren das Areal ab, Sirenen sind zu hören. Polizei und Feuerwehr sind mit jeweils etwa 100 Personen im Einsatz. Erst nach und nach wird es hell.
Rund 300 Gäste und Hotelmitarbeiter werden nach Angaben der Polizei aus dem Gebäude gebracht, das Gebiet wird mit Rettungshunden abgesucht. Laut Feuerwehr werden 35 Menschen untersucht und zwei Menschen schließlich verletzt ins Krankenhaus gebracht.
Im Hotel war auch die FDP-Bundestagsabgeordnete Sandra Weeser. Sie sei von einem Knall und einem Gebäudebeben wach geworden. Sie habe gedacht, dass es ein kurzes Erdbeben sei. Sie sei wieder eingeschlafen und habe später gesehen, dass die Straße gesperrt sei, und dann gegoogelt. "Sehr tragisch." Drinnen sehe man Chaos, mit toten Fischen und Scherben - ein großes Desaster. Eine Frau aus Norwegen erzählt, sie hätten den Notruf gerufen und seien über einen Notausgang aus dem Hotel gelaufen.
Wie aber konnte es passieren, dass das Aquarium platzt? Die Ursache ist nach Angaben von Polizei, Feuerwehr und Eigentümerfirma bisher unklar. Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) spricht von einer möglichen Materialermüdung. "Die Ermittlungen zur Ursache ist natürlich noch nicht abgeschlossen, erste Anzeichen deuten jedoch auf eine Materialermüdung", teilt sie der Deutschen Presse-Agentur mit.
Die Wassersäule mit rund 1500 Fischen gehörte zu den Sehenswürdigkeiten, die sich auch Touristinnen und Touristen gerne anguckten. Von dort ist es nicht weit zur Museumsinsel oder zum Alexanderplatz, auf der Straße findet man Souvenirläden. Die Wassermassen, die beim Unglück freigesetzt werden, ziehen am Freitag auch das DDR Museum am Spreeufer in Mitleidenschaft. Es bleibt vorerst geschlossen.
Vier Millionen Liter Wasser ausgelaufen
Das Becken, das den Titel Aquadom trug, liegt neben dem benachbarten Sea Life. Der Aquadom fasste etwa eine Million Liter Wasser. Besucher konnten in einem Aufzug durch den Wasserbehälter hindurch fahren. Nach Angaben der Feuerwehr lief ein großer Teil des Wassers wohl durch Türen im Erdgeschoss auf die Straße und dort in Gullys. Wegen des kalten Wetters wurde Salz auf die Straße gestreut.
Das Aquarium stand innerhalb des Lichthofs des Hotels, das zu dem Komplex gehört. "Das Erdgeschoss liegt komplett in Trümmern", sagte ein Feuerwehrsprecher über den Hotelbereich. Tote Fische müssten mit den Trümmern entsorgt werden. Bauingenieure und das Technische Hilfswerk (THW) würden nun prüfen, ob das Gebäude gesperrt bleiben müsse. Danach könnten erste Aufräumarbeiten beginnen.
Giffey sagt, es müsse geklärt werden, wie es zu dem Unglück gekommen sei. "Der Aquadom ist ja gerade erst saniert worden." Die Feuerwehr beginnt noch eine weitere Rettungsmission. Sie will die Fische retten, die sich in Gefäßen im Keller des Gebäudes befinden. Die Tiere sollten in die benachbarte Unterwasserwelt Sea Life gebracht werden. Ein paar wenige Fische seien auch noch lebend im unteren Bereich des geplatzten Aquariums gefunden worden.